IT im Maschinen- und Anlagenbau/Dokumenten-Management reduziert Risiken und Arbeitsaufwand

Immer wieder Wertpapiere in der Ablage verloren

16.04.1999
Von Nicole Körber* Im Maschinen- und Anlagenbau verkörpern Dokumente wie Zeichnungen, Stücklisten oder Beschreibungen einen bedeutenden Wert. Trotzdem werden in vielen Unternehmen die Geschäftsabläufe verzögert, weil die schriftlichen Unterlagen nicht auf dem aktuellen Stand oder den Mitarbeitern nur mit langen Zugriffszeiten zugänglich sind.

Nach Erhebungen von Dataquest/IDC geben Unternehmen im allgemeinen etwa zehn bis 15 Prozent ihres Umsatzes für die Erstellung, Verwaltung und Verteilung von Informationen aus. Noch immer existieren 75 bis 80 Prozent der Geschäftsdokumente ausschließlich in Papierform. Im Maschinen- und Anlagenbau erfordert dies die Vorhaltung von großen Archivflächen, da in dieser Branche zu den Geschäftsdokumenten auch großformatige Zeichnungen zählen.

Die eigentliche Bearbeitungszeit beansprucht nur fünf Prozent der gesamten Durchlaufzeit von Vorgängen, während 50 bis 80 Prozent der Arbeitszeit damit vergehen, nach Informationen zu suchen. Laut Gartner Group geht am Ende dabei jedes vierte Dokument verloren. Besonders groß ist der Know-how-Verlust bei technischen Zeichnungen. Auf diese Weise entstehen Doppelarbeiten, und es kommt zu Projektverzögerungen mit all ihren negativen wirtschaftlichen Auswirkungen.

Abhilfe bringt hier die Einführung eines einheitlichen Verfahrens im Unternehmen für Ablage, Zugriff und Verteilung von Dokumenten. Gleichzeitig sollte das Ordnungssystem eine abgestufte Zugriffsberechtigung beinhalten sowie Änderungen in den Originaldokumenten in Versionsständen verwalten.

Die Zeit, in der Unternehmen vor Einführung eines Dokumenten-Management-Systems (DMS) zwangsläufig kosten- und zeitaufwendige Ist-Analysen und Soll-Konzepte erarbeiten, ist vorbei. Für kleinere und mittelständische Ingenieur- und Konstruktionsbetriebe war dies ein Hemmschuh, sich mit DMS-Lösungen zu befassen. Die heutigen Produkte hingegen haben den Anspruch, die Planungs- und Einführungsphase überschaubar zu gestalten.

Dazu müssen die Systeme bestimmte Anforderungen erfüllen. Sie resultieren aus den im Maschinen- und Anlagenbau häufig eingesetzten Software-Applikationen wie CAD-Systeme, betriebswirtschaftliche Standardsoftware (ERP) und Office-Lösungen. Sie alle produzieren Dokumente unterschiedlichster Formate und verfügen zum Teil über Anbindungen zu großformatigen Peripheriegeräten (Plotter, Scanner, Drucker). Diese Komponenten zu einer ganzheitlichen Lösung zu verbinden, ist das oberste Ziel bei der Einführung einer DMS-Lösung.

Dafür nennen IT-Verantwortliche aus der Branche vorrangig vier Voraussetzungen. An erster Stelle steht die Anforderung, daß Funktionen für die Erfassung, Erzeugung, Ablage, Änderungsüberwachung (Versionsverwaltung), Bearbeitung, Verteilung und Reproduktion sichergestellt sein müssen.

Dies ist Voraussetzung für die zweite Anforderung, nämlich Zugriff und Wiederverwendbarkeit. Mit verständlichen Suchverfahren sollte der Anwender Dokumente finden. Die Möglichkeit der Suche in indizierten Feldern, verbunden mit der Volltextsuche, wie sie bereits in zahlreichen DMS-Lösungen zu finden ist, erleichtert das Wiederfinden von Dokumenten. Ein weiteres, wichtiges Ordnungsverfahren ist die strukturierte Ablage aller Dokumente und zugehörigen Informationen in Projektmappen.

Die einzusetzende DMS-Software sollte drittens in der Lage sein, mit anderen Applikationen zu kommunizieren und Daten auszutauschen. Damit bietet die Dokumenten-Management-Software nicht nur ein Ordnungssystem für die projekt- und kundenbezogene Ablage aller Unternehmensdokumente, sondern bildet mit einer übersichtlichen Benutzeroberfläche gleichsam die Klammer über alle Funktionen.

Und unter diesen Funktionen ist, so Voraussetzung Nummer vier, das Input- und Output-Management besonders wichtig. In den Konstruktionsabteilungen müssen großformatige Peripheriegeräte wie Scanner, DIN-A0-Drucker oder Plotter ansteuerbar sein.

Lösungen, die aus dem Office-Bereich kommen, beispielsweise "Docuware" oder "Easy Archiv", haben zusätzliche Schnittstellen implementiert, um auch die Anforderungen des technischen Büros zu erfüllen. Hersteller, die seit jeher das technische Büro beliefern, zum Beispiel Autodigit oder Optimum, haben sich stets mit Engineering-Themen wie Versionskontrolle, Einbindung von CAD-Programmen und großformatigen Scannern und Plottern befaßt. Jetzt haben sie ihre Produkte um Features wie Postverteilung und Volltextsuche erweitert, die auch den Office-Bereich abdecken.

Daß Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus bei der Menge an Dokumenten, die sie aufbewahren müssen, schnell den Überblick verlieren können, ist nachvollziehbar. Schließlich wächst das Archiv mit jeder Neukonstruktion stetig. Der Gesetzgeber verlangt darüber hinaus, Dokumente und Zeichnungen zehn Jahre lang aufzubewahren.

Da aber häufig Maschinen noch länger im Einsatz sind, müssen die dazugehörigen Dokumente noch wesentlich länger vorgehalten werden. "450000 Zeichnungen in 60 Schränken, 150000 Mikrofilmkarten und 3000 Aktenordner sind keine Seltenheit", weiß Johanna Pinior vom Beratungsunternehmen Hartmann & Sältzer aus Gießen, das sich in den vergangenen Jahren auf Projekte des technischen Dokumenten-Managements konzentriert hat.

Doch die Anzahl der Dokumente im Unternehmen ist immer relativ zu seiner Größe. So können in einem Ingenieurbüro mit wenigen Mitarbeitern bereits 1000 bis 2000 Zeichnungen zu einem Streßfaktor geraten. Auch solche Firmen profitieren vom Einsatz eines DMS.

Nicht nur die Gewißheit, Zeichnungen revisionssicher zu archivieren, sondern auch der einfache Zugriff auf sie ist für Unternehmen ein Argument, eine DMS-Lösung einzusetzen. So waren beim Krefelder Anlagenbauer Siempelkamp GmbH & Co vor der Einführung der aus dem kaufmännischen Bereich kommenden Lösung Easy Archiv für das Herausnehmen und Wiederablegen einer DIN-A0-Zeichnung drei Mitarbeiter beschäftigt: Zwei hoben den Stapel Zeichnungen an und der dritte zog die gesuchte heraus oder legte sie wieder ab.

Dazu Herbert Janssen, Leiter der Zeichnungsverwaltung bei Siempelkamp: "Wir bauen Anlagen, die aus Tausenden von Zeichnungen bestehen. Ein großer Anteil davon sind sogenannte Wiederholteilzeichnungen. Ein gut organisierter Zugriff auf das Zeichnungsarchiv ist absolute Voraussetzung für eine effiziente Anfertigung einer neuen Zeichnung. Dies war vor Einsatz unserer heutigen Archivierungslösung das Nadelöhr in unserem Unternehmen."

Eine ähnliche Situation war bei dem im badischen Ettlingen sitzenden Anbieter von Baumaschinen, der Elba-Werk GmbH, vor dem Einsatz des Dokumenten-Management-Systems "Docu- ware" vorzufinden. Hier wurden mehr als 40000 Blatt Papier pro Monat bewegt.

Das kostete viel Zeit: Bei zirka 300 bis 400 Bauteilen mit Dokumentationen aus jeweils mindestens einem, häufig aber auch drei bis vier Blatt war der manuelle Aufwand enorm. Dazu Gerhard Wolff, Leiter technische Dokumentation bei Elba: "Diese Vorgänge waren auch noch fehlerträchtig." Jetzt nutzen Auftragsbearbeitung, Konstruktion und Vertrieb den direkten Zugriff auf die Dokumente.

Das in der Nähe von Bremen ansässige Ingenieurbüro Dr. Born - Dr. Ermel GmbH geht einen Schritt weiter und läßt auch seine Kunden am Nutzen seines DM-Systems teilhaben. Das im Bereich der Umwelttechnik tätige Unternehmen plant unter anderem Müllverbrennungs- und Kläranlagen.

Vor rund 18 Monaten hat der Betrieb ein DM-System eingeführt. Grund war, daß man die umfangreiche Dokumentation, die zu einer solchen Anlage gehört, effektiver verwalten wollte als in Aktenordnern und Archivschränken. Zu diesem Zweck hat das Unternehmen über 20 Systeme in diesem Umfeld betrachtet, von denen nach einer Vorauswahl nur noch wenige in Betracht kamen.

"Viele Produkte scheiterten bereits daran, daß sie nicht in der Lage waren, die erforderlichen unterschiedlichen Datenformate zu verwalten, wie sie in den Bereichen der Bau-, Maschinen- und Elektrotechnik täglich vorkommen", resümiert Henry Och aus dem Unternehmen. "Hinzu kamen Anforderungen an die projektbezogene Strukturierung der Dokumente, an die Versionskontrolle und das Berechtigungskonzept, die herkömmliche Systeme aus dem Office-Bereich nicht erfüllten."

Mit dem jetzt eingesetzten DM-System Autodigit will man gemeinsam mit dem Kunden der Vision von der papierlosen Dokumentation wenigstens einen Schritt näher kommen. Ein wesentlicher Vorteil bestehe darin, daß ein Dokument "per Online-Übertragung direkt dem DM-System beim Kunden zur Verfügung" gestellt werde, berichtet Och.

Tatsächlich hatten einige Kunden Berührungsängste und wollten nicht den ersten Schritt gehen, ihre Zeichnungen und Dokumente per DV zu verwalten. "Wenn jedoch neben den technischen noch die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte aufgezeigt werden, ändert sich das", weiß Och aus Erfahrung. Denn viele Betreiber müssen den Nachweis führen, wie sie in Störfallsituationen etc. reagieren und ihre Mitarbeiter anweisen. "Hier hilft das DM-System beim Auffinden der richtigen Dokumente."

Das Ingenieurbüro übernimmt immerhin nicht nur das Einrichten des DM-Systems, sondern ist aktiv via Modem, ISDN und Intranet mit in den Änderungsdienst der Kunden involviert. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß sie mit demselben DM-System arbeiten.

DMS - Eine Auswahl

Produkt:AutodigitHersteller:Autodigit Software AG Frankfurt am MainHomepage:www.autodigit.de

Produkt:CEArchivHersteller:CE Computer Equipment AG, BielefeldHomepage:www.ce-ag.com

Produkt:DocumentumHersteller:DocumentumHomepage:www.documentum.com

Produkt:DocuwareHersteller:Docunet, GermeringHomepage:www.docunet.de

Produkt:Easy Archiv EasyHersteller:Software AGHomepage:www.easy.de

Produkt:ITAHersteller:SER Systeme AGHompage:www.ser.com

Produkt:RapportHersteller:Optimum GmbH, RemseckHompage:

Produkt:WindreamHersteller:A.I.S GmbH, BonnHompage:www.megamedia.de

Angeklickt

Der Industrieverband der Maschinen- und Anlagenbauer beurteilt die Konjunktur im Maschinen- und Anlagenbau in diesem Jahr pessimistisch: Nach einem guten Vorjahr soll die Maschinenproduktion 1999 nur noch ein Plus von zwei Prozent erreichen. Um so wichtiger ist es, daß Unternehmen dieser Branche die Projektkosten so gering wie möglich halten, um weiter im Wettbewerb bestehen zu können. Dokumenten-Management-Systeme können dabei hilfreich sein.

*Nicole Körber leitet das Marketing- und PR-Consulting-Büro Good News in Stockelsdorf.