Im zweiten Anlauf

26.02.1993

Die Vision ist schon aeusserst verlockend: Handschriftliches Gekrakel, vom Benutzer selbst kaum zu entziffern, wandelt eine digitale Schreibtafel in wohlgeformte Lettern um. Elektronische Notizhefte werden zu alltaeglichen Utensilien, die Papier und Bleistift verdraengen.

Einige Hersteller von Stiftrechnern verpassten ihren Produkten dieses - von den Medien im uebrigen dankbar aufgegriffene - Image. Und mussten es teuer bezahlen.

Sie erzeugten damit naemlich bei potentiellen Benutzern eine ungerechtfertigte Erwartungshaltung, die zwangslaeufig enttaeuscht werden musste und von den wahren Staerken der Notepads ablenkte. Pen-Computer lassen sich eben nicht auf Handschriftenerkennung reduzieren, auch wenn sich diese Eigenschaft am spektakulaersten ins Rampenlicht setzen laesst. Viele Anwendungen, fuer die Firmen bereits heute Pen-Computer kostensparend einsetzen, verzichten fast vollstaendig auf die Erkennung handschriftlicher Texteingaben.

Vor allem kleine Softwarehaeuser scheinen bislang in der Lage zu sein, originelle Ideen in brauchbare Programme umzusetzen, die weit mehr als eine Erweiterung bestehender Applikationen um ein paar Kaestchen zur handschriftlicher Dateneingabe darstellen. Wenn Ende des Jahres die ersten Personal Digital Assistants auf den Markt kommen und einen auch fuer groessere Softwarehaeuser lukrativen Consumer-Massenmarkt erschliessen, koennte sich dies allerdings schnell aendern.

Zweifelsohne stellt der Stift das bislang am einfachsten zu handhabende Eingabemedium dar und ist hinsichtlich Benutzungsfreundlichkeit der Tastatur oder einer Maus um Laengen voraus.

Das "Jahr des Stiftes" ist 1992 nicht gewesen, dennoch doch duerfte sich bei Anwendern und Herstellern allmaehlich ein pragmatischer Realismus einstellen, so dass sich nach der verfruehten Euphorie des vergangenen Jahres 1993 zum Jahr der Pilotprojekte in einem vertikal orientierten Markt entwickeln koennte.

Fereydun Khanide