Im Web gilt das Hausrecht

12.07.2012
Wer sich in einem Gästebuch oder auf einer Social-Media-Plattform nicht an die Spielregeln hält, kann ausgeschlossen werden. Betreiber von Diensten wie Xing, Facebook oder Diskussionsforen sind dazu sogar verpflichtet.

Jeder Mensch hat das Recht, unerwünschte Gäste vor die Tür zu setzen. In Artikel 13 des Grundgesetzes steht: "Die Wohnung ist unverletzlich." Das Hausrecht schützt die Privatsphäre, und die Gründe für einen Verweis von Haus und Hof liegen im Ermessen des Eigentümers, sie dürfen nur nicht diskriminierend sein. Gewerbetreibende haben es nicht so einfach: Gastwirte dürfen einem Raucher nicht verbieten, im Lokal zu speisen. Es sei denn, er raucht und verstößt gegen das gesetzliche Rauchverbot in Gaststätten.

"Was für die reale Welt gilt, gilt auch für die digitale", sagt Professor Alexander Fischer, Fachanwalt für IT-Recht in der Stuttgarter Kanzlei Fischer, Dietz, Wennberg. Die Spielregeln im Web sind die üblichen: keine unwahren oder beleidigenden Äußerungen zum Beispiel. Um sie durchzusetzen bedarf es Nutzungsbedingungen für Gästebücher, Blogs, Diskussionsforen oder Social Media.

Wer in einem Online-Forum mitmachen will, muss diese Nutzungsbedingungen akzeptieren und sich registrieren. "Wer bei uns gravierend gegen die Nutzungsbedingungen verstößt, kann ausgeschlossen werden", sagt Ralf Scherfling. Er moderiert www.verbraucherfinanzwissen.de bundesweit für alle Verbraucherzentralen von Düsseldorf aus. Auf der Seite sollen sich Verbraucher über Finanzthemen informieren, aber auch untereinander kommunizieren. Was die User im Forum dürfen, steht in den Nutzungsbedingungen. Verboten ist, Werbung zu betreiben, andere Personen zu diffamieren oder Pornografie einzustellen. Moderator Scherfling prüft regelmäßig die Einträge und entscheidet über Verbleib oder Löschung. Bei schlimmen Verstößen spricht er eine Forensperre aus. Verstößt der User dagegen, begeht er eine strafbare Handlung, die mit Geld oder Freiheitsstrafe geahndet werden kann.

In den Nutzungsbedingungen muss das Wort "Hausrecht" nicht ausdrücklich vorkommen. Sätze wie "Untersagt sind unrichtige Tatsachenbehauptungen" oder "Beleidigende, verleumderische oder diffamierende Aussagen über andere Mitglieder der Community oder Dritte sind untersagt" stehen stellvertretend dafür. Ähnlich regelt das auch Xing. "Den Begriff Hausrecht verwenden wir nicht. Wir halten uns schlichtweg an die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die von den Mitgliedern akzeptiert wurden und somit Bestandteil eines gegenseitigen Vertrags sind", sagt ein Sprecher der Social-Media-Plattform. Gemäß den Bedingungen hat Xing das Recht, etwa bei wiederholten Beschwerden durch andere Mitglieder Xing-User abzumahnen und im Wiederholungsfall von der Plattform auszuschließen.

Doch in der digitalen Welt ist es einfacher als in der realen, seine Identität zu verschleiern. Die Sperrung eines Accounts kann durch Anlegen eines neuen umgangen werden. "Diskutiert werden IP-Sperren, die allerdings bei Privatnutzern wegen dynamischer IP-Adressen nicht funktionieren", sagt Mario Rehse, Bereichsleiter gewerblicher Rechtsschutz beim Bitkom. Dynamische IP-Adressen gelten nur für die Dauer einer Internet-Verbindung. Mit jeder neuen Verbindung wird eine andere Adresse zugewiesen.

"Moderatoren oder Betreiber von Social-Media-Diensten müssen reagieren, wenn sie auf Missstände aufmerksam gemacht wurden", sagt der IT-Jurist Fischer. Denn sie sind als Betreiber für die Inhalte haftbar, wenn sie ihnen zumutbare Prüfpflichten verletzt haben. Misstände müssen sie sofort beseitigen, sobald sie darüber in Kenntnis gesetzt wurden.

Erst Abmahnung, dann Ausschluss

Beispiel Ebay: Weil dort gefälschte Produkte angeboten und der Internet-Dienst dar-über informiert wurde, war er verpflichtet, die Angebote zu löschen. Künftig muss Ebay durch eine Filtersoftware Fälschungen herausfiltern und löschen. Ein Ausschluss in einem privaten Forum oder im Gästebuch kann beim Verstoß gegen gesetzliche Regelungen auch ohne Nutzungsbedingungen ausgesprochen werden.

Zahlende Besucher müssen in einfacheren Verletzungsfällen zuerst abgemahnt werden. Bei groben Verstößen können sie sofort ausgeschlossen werden. Die Grundsätze sind vergleichbar mit einer Abmahnung im Arbeitsrecht wegen Zuspätkommens oder einer fristlosen Kündigung, weil Betriebsgeheimnisse ausgeplaudert wurden. (am)

Peter Ilg ist freier Journalist in Aalen.