CW-Leser zeigen ATM die kalte Schulter und bevorzugen FDDI

Im WAN dominieren noch langsame Verbindungen

01.11.1996

Rund zwei Drittel der befragten Un- ternehmen wollen künftig Intranets nutzen und setzen auf TCP/IP als das Netzprotokoll im Unternehmen, so lauten zwei Kernaussagen der CW-Erhebung zum Thema Intranet. Daß dabei ein Großteil der Unternehmen mit mehreren Standorten die Intranet-Karte spielt, verwundert nicht weiter, wenn man sich die gegenwärtige Situation in den Corporate Networks verdeutlicht. Aufgrund der hohen Kommunikationskosten hierzulande haben sich die meisten Anwender bei der Anbindung der Außenstellen für das digitale ISDN-Netz der Telekom sowie Wählverbindungen entschieden. Nur ein Bruchteil der Befragten leistet sich dagegen eine Festverbindung. Noch kurz vor dem Internet als WAN-Alternative rangiert derzeit der Telekom-Dienst Datex-P bei der Unternehmensvernetzung. Insgesamt ist in Deutschland also im WAN Schmalhans Küchenmeister, was sicherlich auch an den im internationalen Vergleich gesalzenen Telekommunikationspreisen eines den Ton angebenden Bonner Carriers liegen dürfte.

Immerhin schon zehn Prozent scheinen einen Ausweg aus dieser Misere gefunden zu haben: Sie realisieren die standortübergreifende Vernetzung via Internet. Das deckt sich mit einem anderen Ergebnis der Erhebung: Für die Intranet-Befürworter ist die LAN-WAN-Eignung der neuen Technologie nach dem Kriterium Offenheit einer der wichtigsten Aspekte.

Befragt nach dem Verwendungszweck der WAN-Verbindungen, gab die Mehrheit an, diese zur LAN-LAN-Koppelung zu verwenden. Zweithäufigstes Einsatzszenario ist der Host-Zugang für remote Mitarbeiter oder Außenstellen. Praktisch als Nebenprodukt der bestehenden Anbindungen konnte sich E-Mail als eine weitere wichtige Anwendungsgattung im WAN etablieren. Eine untergeordnete Rolle spielt bei den Befragten dagegen die Sprachvermittlung im eigenen Corporate Network, was aber angesichts der häufig verwendeten ISDN-Leitungen kaum verwundert.

Dient das WAN zur Host-Ankoppelung, so steht am anderen Ende der Leitung sehr oft ein Rechner aus dem Hause IBM. Die Mainframes und Rechnermodelle des Typs AS/400 gehören in deutschen Unternehmen mit zu den Grundpfeilern der Unternehmens-DV. Darüber hinaus standen die größeren HP-Modelle sowie Siemens-BS2000-Systeme hoch im Kurs.

Windows dominiert auf den Clients

Auf der Client-Seite bestimmen, wie kaum anders zu erwarten, PCs mit dem Betriebssystem Windows das Bild. Während Windows 95 in der öffentlichen Diskussion aufgrund seiner hohen Hardware-Anforderungen immer wieder als untauglich für den Unternehmenseinsatz eingestuft wurde, legten die Befragten ein anderes Zeugnis ab: Fast die Hälfte der Firmen mit Windows-Rechnern vertraut bereits dem jüngsten Sproß aus dem Hause Microsoft. Geschichte sind dagegen reine DOS-PCs. Lediglich 18 Prozent der Companies haben noch Rechner mit diesem Oldie in Betrieb. Ebenso bescheiden ist das Interesse an IBMs Desktop-Betriebssystem: Nur zwanzig Prozent der Auskunftgeber betreiben Rechner, auf denen OS/2 installiert ist. Vornehme Zurückhaltung übten die CW-Leser auch bei der Investition in Macintosh-Equipment. Weniger als ein Zehntel der Firmen hat Apple-Modelle im DV-Bestand. Deutlich höher liegt dagegen der Anteil der Unix-Workstations und Terminallösungen in den Unternehmen. Die beiden Produktgattungen sind fast in einem Drittel der Anwenderfirmen im Einsatz.

Der hohe Terminalanteil erklärt vermutlich auch, warum in vielen Firmen noch eine Twinax-Verkabelung zu finden ist. Ansonsten dominiert der Evergreen Ethernet in zwei Dritteln der Unternehmen die Netzlandschaft, gefolgt von Token Ring.

Geht es um die Geschwindigkeitssteigerung im LAN, so bevorzugen rund neun Prozent der CW-Leser derzeit Fast Ethernet. Abgeschlagen rangiert dagegen das hauptsächlich von HP propagierte 100VG-Anylan auf den hinteren Rängen. Ebenfalls nicht hoch in der Gunst der Käufer stehen Verfahren wie Switched oder dedizierter Token Ring sowie Full Duplex Ethernet. Im wahrsten Sinne des Wortes nur akademische Bedeutung hat derzeit im High-speed-Networking ATM: Das Gros der ATM-Netze - nur 2,9 Prozent der Anwender setzen auf das zellbasierte Verfahren - ist bei Universitäten und Forschungsanstalten sowie DV-Unternehmen installiert. Somit liegt die Schlußfolgerung nahe, daß diese Technologie derzeit mehr zu Demonstrationszwecken eingesetzt wird. Entsprechend dürfte den Propagandisten des ATM-Lagers eine andere Zahl ein Dorn im Auge sein: Über elf Prozent der Firmen nutzen in Sachen Hochgeschwindigkeitsnetz das bewährte, oft bereits für tot erklärte FDDI.

Auf der Server-Seite scheint derzeit der Windows NT Server die zarteste Versuchung darzustellen: Obwohl allenthalben über die Unzulänglichkeiten von Microsofts Domain-Konzept geklagt wird, rangiert das Produkt auf der Einsatzskala der User mit 42 Prozent gleichauf mit Netware 3.x, wobei allerdings reine NT-Netze selten anzutreffen sein dürften, da neben Netware 3.x knapp ein Viertel der Unternehmen auch Netware 4.x verwendet. Ebenfalls hoch in der Gunst der Anwender steht Unix als Server-Betriebssystem. Fast 40 Prozent der Firmen haben eines der Unix-Derivate in Betrieb. Unter ferner liefen ist mittlerweile das als Enterprise-Network-Lösung gefeierte Banyan Vines zu verbuchen. Nicht einmal ein Prozent der Befragten nutzen diese Plattform in ihren Netzen.

Angesichts der relativ heterogenen DV-Landschaft in den Unternehmen überrascht es, daß das Thema Netz- und System-Management so gut wie keine Rolle spielt. 71 beziehungsweise 88 Prozent der Antwortenden verwenden keine entsprechenden Produkte. Speziell der hohe Enthaltungsgrad in Sachen Systemverwaltung stimmt nachdenklich, da immer wieder die Kostenexplosion für die Administration der PCs beklagt wird - ein Problem, bei dem eigentlich das System-Management für Abhilfe sorgen sollte. Wo dies doch schon versucht wird, liegen Microsofts System Management Server (SMS) und IBMs Systemview beziehungsweise Tivoli eindeutig in Front. Auch bei der Netzadministration kann Big Blue klar die Führung übernehmen. 33 Prozent setzen bei der Verwaltung ihrer Netze auf Netview, gefolgt von HPs Openview. Den dritten Platz teilen sich mit jeweils sechs Prozent der Sunnet Manager und Novells Managewise.

Offen bleibt angesichts des großen Desinteresses in Sachen Netz- beziehungsweise System-Management, warum die Befragten gerade Administrationsprobleme als einen der wichtigsten Punkte sehen, der gegen ein Intranet spricht.