Als Führungskraft muss man sich auch schon mal die Hände schmutzig machen. Das lernen Leitende mit Personalverantwortung spätestens beim Besuch eines einschlägigen Seminars zum Arbeitsrecht.
"Die Kündigung störender Mitarbeiter" - so lautet der Titel einer Veranstaltung, die von einer Kanzlei mit Büros in fünf deutschen Städten organisiert wurde. Laut Programm lernen die Führungskräfte zuerst einmal, ihre Angestellten in fünf Klassen zu unterteilen: in "Querulanten", "Pflichtenverletzer", "Schlechtleister", "Mobber" oder "zu häufig fehlende Arbeitnehmer".
Nach der ersten Kaffeepause um 11.30 Uhr geht es den Ungeliebten dann an den Kragen. Ihre Chefs lernen, wann der Einsatz von Privatdetektiven, Videoüberwachung oder "Datenzugriff und Auswertung" als Vorbereitung einer verhaltensbedingten Kündigung zulässig ist.
Die nächsten Punkte auf der Tagesordnung: das "Schaffen fester Regeln, Verbote und Vorgaben zur späteren Konkretisierung von relevanten Pflichtverletzung" und die "konkrete Erfassung von störenden Pflichtverstößen". Damit sollen unzufriedene Chefs gerichtsfest dokumentieren können, wie ihre Mitarbeiter in die von ihnen aufgestellten Fallen tappen. Tipps zur Kündigung von Mitarbeitern, die wegen Krankheit oder Überforderung ihr Pensum nicht mehr schaffen, runden die Veranstaltung ab.
- Listenplatz
Führungskräfte werden auf besondere "schwarze" Listen gesetzt. Quelle: Abeln Rechtsanwälte. - Sterbezimmer
Führungskräfte werden in besondere Abteilungen ausgegliedert. - Überforderung oder Degradierung
Projektaufgaben werden ohne die erforderlichen Sach- und Personalressourcen übertragen. - Zeugnis
Schlechte Beurteilungen werden bewusst erstellt um spätere Ablehnungen in internen Bewerbungsprozessen zu rechtfertigen. - Zielvorgaben
Aufgaben und Aufträge werden unbestimmt gehalten und laufend verändert.
Die Unternehmen rüsten auf, wenn es darum geht, das strenge deutsche Arbeitsrecht in ihrem Interesse zu nutzen. "Die Hire-and-Fire-Mentalität ist längst in deutsche Chefetagen eingezogen", sagt Christoph Abeln, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Inhaber der gleichnamigen Kanzlei in Berlin. "Die Bandagen werden härter, vor allem Führungskräfte werden nach wenigen Jahren wieder ausgetauscht."
Vertreter der Leitenden schlagen Alarm. "Immer mehr große Unternehmen gehen mittlerweile rüde gegen unliebsame Führungskräfte vor", sagt Ulrich Goldschmidt, Rechtsanwalt und Hauptgeschäftsführer vom Verband "Die Führungskräfte". "Es braucht Generationen, bis das verlorene Vertrauen wieder hergestellt werden kann", fügt Goldschmidt hinzu.
Wir erklären Ihnen, wie Unternehmen missliebige Mitarbeiter wieder loswerden möchten und welche Rechte Betroffene haben.
Die internen Kündigungstipps eines Dax-Konzerns
Es gibt viele Gründe, warum Mitarbeiter bei Chefs in Ungnade fallen können. Egal ob wegen menschlicher Differenzen, Streit über Zielvorgaben oder schlicht die Belegung einer Position, die eigentlich für den Vertrauten des Vorgesetzten bestimmt ist - wer einmal im Visier des Chefs steht, muss um seinen Job bangen. "Mitarbeiter sind zwar arbeitsrechtlich geschützt, dürfen aber nicht die Professionalität ihrer Vorgesetzten in puncto Arbeitsrecht unterschätzen", sagt Abeln.
Denn Führungskräfte werden nicht nur auf Seminaren geschult und von den Personalern - meist selbst studierte Arbeitsrechtler - unterstützt. Für das Aussortieren angeblicher Problemfälle gibt es in Unternehmen mittlerweile standardisierte Prozesse. Das zeigt zumindest der Leitfaden eines weltweit agierenden und wirtschaftlich höchst erfolgreichen Dax-Konzerns: In kritischen Gesprächen sollen Führungskräfte dieses Unternehmens "nicht unvorbereitet" und "mit Fingerspitzengefühl" vorgehen. Sonst käme es bei dem betroffenen Mitarbeiter "zu Blockaden, die eine Einigung letztendlich unmöglich machen".
"Trennungsgespräche und andere schwierige Gespräche" können nach dem Leitfaden einen "bleibenden Eindruck der Führungskraft hinterlassen", der sich "in der Belegschaft, bei Kunden, Lieferanten oder anderen Gesprächspartnern herumsprechen könnte".
Checklisten sollen allzu rüden Führungskräften Leitlinien geben, Emotionen gilt es zu vermeiden. Wer auf der Abschussliste steht, soll auch weg. Und das - laut Papier - so schnell wie möglich. Wenn keine "Nebenaufgabe, ein sogenannter Elefantenfriedhof" zugewiesen werden kann, seien Aufhebungsverträge oder Kündigungen die beste Wahl. Entscheidungskraft und Schnelligkeit seien wichtig, weil sonst das "Alter" des Mitarbeiters spätere "externe Lösungen" wie etwa eine Kündigung erschwere.
Bei den Gründen für die Trennung von Mitarbeitern lässt das Unternehmen seinen Chefs freie Hand. Das "Nachlassen der Leistung" oder "Überforderung" gelten dafür als ebenso relevant wie "sehr hohe krankheitsbedingte Fehlzeiten" oder "Chemie-Probleme". Offenbar widerspricht es nicht der Unternehmenskultur, dass solche Begründungen für eine Trennung dem deutschen Arbeitsrecht widersprechen.
- Mehr Mobilität?
Überdenken Sie Ihre Flexibilität. Längere Anfahrtswege oder geringeres Gehalt können trotzdem zielführend sein. - Keine Katastrophe
Ist die Kündigung bereits ausgesprochen, bewahren Sie die Ruhe. - Der Flurfunk
Reagieren Sie möglichst frühzeitig auf die Zeichen des Marktes. Nehmen Sie die Gerüchteküche ernst. Agieren Sie selbst. - Absichern?
Verlassen Sie sich nicht auf vermeintliche Sicherheiten. Manch einer steht schneller auf der Straße, als er meint. - Haltung bewahren
Hängen Sie Ihren Frust nicht an die große Glocke – weder vor noch nach einer Kündigung. - Außen vor
Informieren Sie Kollegen oder gar den Vorgesetzten auf keinen Fall zu früh, denn von da an sind Sie von allen wichtigen Informationen abgeschnitten. - Präsenz zeigen
Stellen Sie Ihr Profil in die relevanten Online-Portale ein. Tun Sie dies frühzeitig. Erste Erfolge zeigen sich frühestens nach vier bis sechs Monaten. - Externe Unterstützung
Nehmen Sie Kontakt mit ausgewählten Personalberatern Ihrer Branche auf. Signalisieren Sie Ihr Interesse an neuen Herausforderungen in allen relevanten Netzwerken, aber werden Sie nicht zu deutlich, ehe die Kündigung tatsächlich ausgesprochen ist. - Profilieren Sie sich
Wenn noch nicht absehbar ist, ob und wann Sie wechseln werden, nutzen Sie bereits die Zeit, um sich zunächst im eigenen Haus zu profilieren. Beteiligen Sie sich an Projekten, die für die Zukunft relevant sind, schlagen Sie sinnvolle Sparmöglichkeiten vor. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Engagement auch extern publik wird. Netzwerke und Arbeitskreise bieten dafür gute Möglichkeiten. - Eine gute Bewerbung
... ist immer noch sehr wichtig. Überarbeiten und vervollständigen Sie Ihre Bewerbungsunterlagen. - Eigenwerbung stinkt?
Das war einmal. Kümmern Sie sich um Ihr Selbstmarketing. Erarbeiten Sie Ihr eigenes Stärkenprofil. Besonders in der Krise geht es um Effizienz. Im Bewerbungsgespräch müssen Sie kurz und knapp darlegen können, worin Ihre Stärken liegen. Unterstützung bieten Karriereberater. - Bereit sein
Besorgen Sie sich ein Zwischenzeugnis. - Ups, zu spät ...
Wenn Sie selbst gehen, bereiten Sie die Trennung sorgfältig vor. Beachten Sie die Fristen. - Viele Wege führen zum neuen Job
Nutzen Sie alle Bewerbungswege: Print, online, persönlich. - Hilfreich: ein langer Atem
Befassen Sie sich mit der Psychologie des Vorstellungsgespräches, und zwar nicht nur in der ersten Runde. - Falsche Kompromisse?
Bei potenziellen Stellenangeboten: Bleiben Sie kritisch, sich selbst und Ihrem Können gegenüber – aber auch dem suchenden Unternehmen. - Im Guten trennen
Ist die Entscheidung zum Wechsel gefallen, nutzen Sie auch Ihren Abgang zur Profilierung. - Es ist soweit
Wenn Sie dann tatsächlich gehen: Hinterlassen Sie einen bestellten Acker. - Neu ankommen
Agieren Sie im neuen Unternehmen besonnen. Lernen Sie, hören Sie gut zu. - Los gehts!
Nehmen Sie die eigenen Gefühle ernst – auch wenn sie negativ sind. Bei Zweifeln: Starten Sie neu!