Alltag einer IT-Projektleiterin

Im Rampenlicht stehen und Schläge abfangen

24.04.2012
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Wann hat ein Projektleiter Erfolg? Wir haben uns bei Martha Heckl erkundigt. Die promovierte Biologin ist eine von acht IT-Projekt-Managern der Munich Re und steuert eines der wichtigsten Projekte des Rückversicherungskonzerns.

CW: Sie sind für das Projekt "Underwriting Plattform 2012" verantwortlich, das auf sieben Jahre angelegt ist und 2000 Anwender auf der ganzen Welt betrifft. Kann man so ein Großprojekt überhaupt vernünftig leiten?

Martha Heckl: Das Geheimnis bei großen Projekten heißt Führen zum Selbstführen und ich versuche die Kommunikationswege so gering wie möglich zu halten. Wir haben das Gesamtprojekt in vier Teilprojekte mit jeweils 15 Mitgliedern unterteilt. Ich leite sowohl das Gesamtprojekt als auch ein Teilprojekt. Eine meiner zentralen Aufgaben ist es, ein schlagkräftiges Team mit Mitarbeitern aus verschiedenen Bereichen zu formen und es soweit zu bringen, dass es effizient arbeiten kann.

Martha Heckl ist IT-Projekt-Managerin der Munich Re und leitet eines der wichtigsten Projekte der Rückversicherung.
Martha Heckl ist IT-Projekt-Managerin der Munich Re und leitet eines der wichtigsten Projekte der Rückversicherung.
Foto: Privat

Nur ein gutes Team macht einen Projektleiter zu einem guten Projektleiter. Jedes einzelne Teammitglied hat eine starke Eigenverantwortung. Ich kann nicht den Tag für jeden einzelnen strukturieren, zerlege aber die große Ziele in kleinere Aufgaben, strukturiere die Arbeit, kommuniziere klar die Ziele und koordiniere die Aufgaben. Also welche Aufgaben stehen in den nächsten vier Wochen an? Was ist abgearbeitet, wo gibt es Verzögerungen, die den übergeordneten Plan betreffen? Das hilft der Motivation im Team und auch mir bei der Steuerung.

CW: Was ist ihre Hauptaufgabe als Projektleiter?

Zur Person

Martha Heckl hat schon während ihres Studiums viele Daten gesammelt und ausgewertet. Die Biologin begann nach ihrer Promotion bei der Munich Re in der IT-Abteilung. Dort ist die 41-Jährige eine von acht IT-Projekt-Managern. Nach kleineren Projekten im Internet- und Intranet-Umfeld leitet Heckl seit eineinhalb Jahren das Großprojekt "Underwriting Plattform 2012", das die Datenanalyse und Preisfindung für Rückversicherungsverträge verbessern will. In das Projekt sind 50 Mitarbeiter eingebunden.

Heckl: Wenn man es mit einem Wort ausdrücken will: Meetings. Ich tausche mich zum Beispiel täglich mit den Teilprojektleitern aus, zwei Mal in der Woche treffen wir uns, um Status der Aufgaben, Zeitplan oder Hindernisse zu diskutieren. Denn abgesehen von Zahlen und Fakten bleibt die menschliche Interaktion in Großprojekten wichtig. Die enge Abstimmung und Zusammenarbeit mit unserem Auftraggeber zum Beispiel kostet nur auf den ersten Blick mehr Zeit, da wir hinterher weniger reparieren müssen, also weniger Change Requests haben.

CW: Welchen Unterschied bringt es mit sich, wenn man wie Sie auch das gesamte Projekt steuert und nicht nur für einen Teil davon leitet?

Heckl: Die größte Herausforderung für einen Gesamtprojektleiter ist was ich Politik nenne. Ich muss vor dem Steering-Kommitee des Auftraggebers präsentieren oder mit dem IT-Management sprechen und zum Teil auch unerfreuliche zeitliche Verschiebungen oder Statusveränderungen kommunizieren. Dabei ist es wichtig, immer die passende Sprache zu sprechen und den Fokus des Gegenübers zu berücksichtigen. Das Management interessieren Dinge wie Budget- oder Zeitstatus oder strategische Auswirkungen auf künftige Projekte. Als Gesamtprojektleiterin stehe ich im Rampenlicht, muss auch einmal Schläge abfangen, mich vor das Team stellen, aber auch Motivation weitergeben.

CW: Kann man die Leitung von Projekten lernen?

Heckl: Ja, und zwar vor allem on-the-job. Ich habe bei Munich Re vorher schon kleinere Projekte im Intranet- und Internet-Umfeld geleitet und bin auch mit der Projekt-Management-Methodik vertraut. Gleichzeitig muss der Projektleiter technisch auf der Höhe bleiben, um einschätzen zu können, wohin sein Team unterwegs ist. Noch wichtiger für einen Projektleiter sind aber die Soft Skills. Ich brauche ein Gespür dafür, wann zum Beispiel ein Problem eskaliert werden muss. Im Unternehmen muss ich mir ein gewisses Standing erarbeitet haben, um als Leitfigur akzeptiert zu werden. Vor allem bei so einem Projekt wie der Underwriting Plattform, die bei großen Schadensfällen schnell die richtigen Daten und Analysen liefern soll. Da sitze ich als Projektleiterin an der Pulsader des Unternehmens.

CW: Was gefällt Ihnen an Ihrem Job am meisten?

Heckl: Es macht mir Spaß, dass immer etwas passiert. Jeder Tag bringt etwas Neues. Das ist spannend. Und gute Nerven habe ich durch die Erfahrung bekommen.

Das Projekt

Ziel der "Underwriting-Plattform 2012" ist es, die Preisfindung für Rückversicherungsverträge zu erleichtern. Die Underwriting-Plattform enthält Daten, auf Basis derer die Underwriter Risiken einschätzen und entsprechende Verträge gestalten und ist aus fünf Einzelsystemen und bis zu 100 verschiedenen verstreuten Excel-Lösungen entstanden. Eine Weiterentwicklung der einheitlichen Plattform, auf die weltweit 2000 Mitarbeiter zurückgreifen können, soll es erleichtern, die weiter wachsende Datenmenge zu analysieren oder auch auf historische Verträge zurückzugreifen. Die Plattform soll dem Underwriter schon die wichtigsten Grundlagen für die Vertragsgestaltung liefern. Auch das Reporting soll verbessert werden