Preissenkungen für Telefonate und Internet-Zugang angekündigt

Im Online-Bereich will die Telekom zulegen

05.02.1999
FRANKFURT/M. (ave) - Die Deutsche Telekom AG gibt sich ehrgeizig. Noch im Frühjahr will sie die Preise für T-Online und das Telefonieren weiter senken. Auch das D1-Mobilfunknetz soll ausgebaut werden.

Man hat sich mittlerweile daran gewöhnt: Wenn Telekom-Chef Ron Sommer vor einem größeren Publikum redet, stimmt er ein Klagelied an. Die Themen sind immer die gleichen: Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (Reg TP), die mit ihren Entscheidungen solche Anbieter begünstigt, die nicht selbst in den Ausbau der Netzinfrastruktur investieren; die bösen Rivalen, die den Wettbewerb nur über den Preis führen, anstatt den Kunden Services zu bieten. "Das ist kein Wettbewerb, wie wir ihn uns vorstellen", monierte der Telekom-Chef anläßlich des 8. Internationalen Pressekolloquiums in Frankfurt am Main.

Wer jedoch dachte, das Repertoire des Bonner TK-Riesen beschränke sich auf das Führen von Beschwerden, der irrte: Die Telekom zeigte sich betont kampflustig. Ron Sommer behauptete, es gehe seinem Unternehmen "nicht nur um die Sicherung von Marktanteilen, sondern auch um wichtige Weichenstellungen für die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft". Daher plane die Telekom, in Deutschland ein "Telecom Valley" aufzubauen und das Land zu "der Online-Nation überhaupt" zu machen. Erreichen will der Bonner TK-Riese dies unter anderem über weitere Preissenkungen beim Telefonieren und dem Internet-Zugang über T-Online. Gibt der Regulierer sein Okay, kosten Ferngespräche ab April zwischen 21.00 und 6.00 Uhr sechs Pfennig pro Minute, die Preise für Ortsverbindungen sollen auf drei Pfennig sinken. Viel ändert sich damit nicht: Bereits jetzt stellen diese Werte die niedrigsten Tarife dar - die Telekom dehnt lediglich den jeweiligen Geltungszeitraum aus und verändert die Taktung. Bislang wurden Ortsgespräche so abgerechnet, daß alle vier Minuten die volle Gebühr für diese Einheit fällig wurde -künftig rattert der Zähler jede Minute, Telefonate werden so genauer abgerechnet.

Ebenfalls ab April sollen die Tarifsenkungen bei T-Online greifen: Inklusive Netzzugang verlangt die Telekom-Tochter von ihren Kunden dann nur noch sechs Pfennig pro Minute. Freiwillig ändert die Telekom ihre Tarife nicht: "Wir haben im Fernbereich mehr Marktanteile verloren, als uns lieb ist", gab Sommer zu, "und das in einer Größenordnung, die weltweit einmalig sein dürfte." Er räumte zudem ein, daß mit diesen Maßnahmen das Preissenkungspotential zumindest in puncto Telefonie nahezu ausgeschöpft sei. Viele TK-Anbieter - hier dachte der Manager bestimmt auch an sein eigenes Unternehmen - agierten bereits "nahe der Schmerzgrenze". Sein Fazit lautete daher: "Die Konsolidierungsphase im deutschen TK-Markt ist eingeläutet."

Um sich von der Konkurrenz abzuheben, will die Telekom seinen Angaben zufolge in Zukunft verstärkt auf Dienstleistungen und die verbesserte Betreuung der Kunden setzen. Internationales Roaming(in Kooperation mit dem amerikanischen Partnerunternehmen Ipass)sowie die Möglichkeit einer kostenlosen E-Mail-Adresse im Internet("Webmail") sind zwei der Services, die T-Online-Chef Wolfgang Keuntje in diesem Zusammenhang erläuterte. Weitere Angebote, etwa speziell auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnittene Tarife für Viel- beziehungsweise Gelegenheits-Surfer, versprach der Manager noch für dieses Jahr.

Stärker Flagge zeigen will die Telekom-Tochter, die laut Keuntje demnächst sogar international auf Kundenfang gehen will, auch in den Bereichen E-Commerce und Internet-Portale. Über mehrere speziell auf bestimmte Nutzergruppen zugeschnittene Web-Einstiegsseiten hofft T-Online, vor allem letzteres Geschäftsfeld ausbauen zu können. Bereits zur CeBIT ´99 soll ein Shopping-Portal (mit virtueller Einkaufs-Mall) starten; Jugend-, Community- und Business-Portale sollen nachfolgen.

Das sind jedoch nicht die einzigen Pläne des Unternehmens: T-Online hat beispielsweise vor, auch außerhalb Deutschlands als Zugangs-Provider aufzutreten und Firmen bei der Realisierung ihres Web-Auftritts zu unterstützen. So soll zur CeBIT der Startschuß für "Business Homepage" fallen: Für 59 Mark pro Monat bietet diese Lösung Kunden unter anderem 50 MB Speicherplatz, fünf E-Mail-Adressen sowie 2 GB monatliches Transfervolumen.

Ehrgeizige Ziele hat sich auch die Telekom-Tochter T-Mobil gesteckt. Nach Angaben von Kai-Uwe Ricke, Vorsitzender der Geschäftsführung bei den Mobilfunkern, will der Anbieter die Zahl seiner Kunden in den nächsten zwei Jahren von derzeit etwa 5,6 Millionen auf über zehn Millionen steigern. Das will T-Mobil unter anderem über einen konsequenten Ausbau der Netzinfrastruktur schaffen. So soll die Zahl der Funkzellen in Deutschland von derzeit 14000 bis zum Jahresende auf rund 20000 erhöht werden. Die dazu notwendigen Investitionen liegen Ricke zufolge im dreistelligen Millionenbereich. Der Manager deutete aber auch Änderungen in der Vertragsgestaltung an. Kunden ließen sich auf Dauer nicht mit langfristigen Verträgen "vergewaltigen".

In das Gesamtbild der Telekom-Veranstaltung paßte der Auftritt von Sun-CEO Scott McNealy, der seine Rede dazu benutzte, seine Vorstellung von einer PC-freien und dennoch total vernetzten Zukunft zu erläutern. Natürlich lief dies nicht ohne kräftige Seitenhiebe auf Bill Gates und seinen Konzern Microsoft ab. Den Schwerpunkt von McNealys Vortrag bildete jedoch die Vorstellungvon Jini, einem auf der Programmiersprache Java basierenden Ansatz, der das Zusammenspiel von vernetzten Geräten vereinfachen soll.