Österreichs Manager lassen sich nicht computerisieren:

Im Mikrocomputermarkt kehrt der Alltag ein

26.09.1986

WIEN (apa) - Der Mikrocomputerboom scheint in Österreich seinen Kulminationspunkt überschritten zu haben. Die Steigerungsraten des Jahres 1985 von 71 Prozent mehr verkauften Personal Computern als im Jahr zuvor werden heuer nicht annähernd erreicht werden. Dazu kommt, daß Preissenkungen das Umsatzwachstum noch stärker nach unten drücken.

1985 wurden in Österreich nach einer Statistik des Marktforschungsunternehmens Diebold 22 380 Personal Computer für kommerzielle Zwecke

abgesetzt. Damit lag Österreich, das im internationalen Vergleich einen großen Nachholbedarf an derartigen Kleincomputern aufweist, im Spitzenfeld. Für dieses Jahr bewerten die vier größten PC-Anbieter in Österreich nach einer apa-Umfrage die Entwicklung unterschiedlich, sind sich jedoch einig, daß die Wachstumskurve flacher verlaufen wird. Entscheidend für das Jahresergebnis mit solchen Rechnern, die in kleineren Unternehmen vor allem für das Rechnungswesen angeschafft werden, wird auch diesmal das vierte Quartal sein, auf welches rund 40 Prozent der Jahresverkäufe entfallen.

Im nächsten Jahr könnte der Zuwachs noch geringer sein. Hans Korbel, Produktverantwortlicher für Personal Computer bei Austro-Olivetti, rechnet für 1986 mit einem Stückwachstum des Marktes um 40 bis 45 Prozent und für 1987 mit weniger als 30 Prozent. Eine schlagkräftige Verkaufsorganisation werde ausschlaggebender sein als ein niedriger Preis. Die Hardware wird im Marketing zunehmend gegenüber der Software an Bedeutung verlieren. "Bisher wurde die Software nur als ein Anhängsel der Hardware gesehen", so Korbel. Aus diesem Grund würden sich die Computeranbieter stärker um das Softwaregeschäft bemühen, das preisstabiler sei.

In einem kompletten Softwarepaket für das Rechnungswesen eines Klein- und Mittelbetriebes steckt immerhin ein Umsatz von 20 000 bis 60 000 Schilling, während der Computer samt Zubehör zwischen 45 000 und 70 000 Schilling kostet. Die Computerpreise sinken jedoch ständig. Erich Buchwald, Verkaufsdirektor bei Philips-Data, beklagt eine "ruinöse Preisentwicklung", die heuer bei kommerziellen PCs mit 25 bis 30 Prozent zu Buche schlage und die Käufer verunsichere. Buchwald befürchtet, daß der österreichische PC-Markt heuer überhaupt keine Umsatzsteigerung aufweisen wird.

Die laufende Verbilligung der Computer ist einerseits auf kostengünstigere Fertigung zurückzuführen, andererseits auf den Druck von Billigimporten aus Fernost, meint Wilhelm Traxler von Commodore dessen Konsolidierungsphase nun abgeschlossen sein dürfte. Philips, das sich mit seinem PC namens "Yes" vor etwa einem Jahr als Billiganbieter fühlte, sieht sich nun verstärkter Preiskonkurrenz ausgesetzt, sagte Traxler.