IETF-Protokoll könnte Suns Jini entzaubern

IETF-Protokoll könnte Suns Jini entzaubern IPP sorgt für grenzenloses Drucken via Internet

26.03.1999
Im Schatten von Java und Jini etabliert sich still und heimlich das Internet Printing Protocol (IPP) als Standard für weltweit vernetztes Drucken. Nach einem erfolgreichen Testlauf im September 1998 bringen mehr und mehr Hersteller IPP-kompatible Produkte auf den Markt. Dieter Bülow* beschreibt die Auswirkungen des Protokolls.

Begleitet von lauten Fanfarenklängen präsentierte Sun Ende Januar dieses Jahres seine Java Intelligent Network Infrastructure (Jini), die das Zusammenspiel vernetzter Geräte vereinfachen soll. Sun-Chef Scott McNealy sieht die Anwendungsgebiete eher im Consumer-Markt. Mit weniger Marketing-Getöse arbeitet die Printer Working Group (PWG) der Internet Engineering Task Force (IETF) seit Ende 1997 an einer Lösung, die Drucker an das Internet und ein Intranet anbindet. Das Grundprinzip ist dem Ansatz von Jini ähnlich: Der Endkunde bezieht Dienste, ohne daß er seinen Client konfigurieren muß. Mit dem IPP funktioniert dieser Ansatz sogar ohne dedizierte Netze auf globaler Basis. Das Protokoll könnte das Drucken nach Ansicht von Herstellern und Beobachtern revolutionieren.

Vor allem mit einem Grundproblem räumt IPP auf: dem Versand eines Dokumentes in unverfälschbarer, nichtelektronischer Form an verteilte Empfänger. Heute werde meist die Quelle selbst oder eine editierbare Form des Dokuments via E-Mail oder FTP versendet, so Don Wright, Chairman der PWG und Director of Strategic & Technical Alliances beim Druckerspezialisten Lexmark. Damit verliert der Autor die Kontrolle über die Quelle, so daß der Empfänger ohne sein Wissen Änderungen am Dokument vornehmen kann. Außerdem müssen die adressierten Leser heute über die Verfügbarkeit eines Schriftstücks informiert werden und dieses anschließend selbst anfordern und ausdrucken. Mit Hilfe von IPP kann der Autor direkt auf entsprechenden Druckern an jedem beliebigen Ort der Welt ausdrucken - vorausgesetzt es besteht ein Intranet oder eine Internet-Verbindung.

Die Auswirkung nicht nur für die Internet- beziehungsweise Intranet-Nutzung, sondern überhaupt für alle Netze unter TCP/IP dürfte beträchtlich sein. TCP/IP ist heute, wie das Marktforschungsinstitut IDC feststellt, bereits das vorherrschende Netzwerk-Protokoll bei steil ansteigender Tendenz, auch im LAN und im WAN. IPP bringt bidirektionale Verständigung zwischen Drucker und Betriebssystem ins Spiel - bislang zwischen Client und lokalem Drucker schon selbstverständlich, aber im Netz unter dem bisher allein verfügbaren, rudimentä- ren Unix-Druck-Protokoll "Line Printer Demon" (LPD) nicht vorgesehen.

Im Zuge dessen soll IPP außerdem die proprietären Überwachungsprotokolle ersetzen, die zwar das Management zum Beispiel von HP- oder Lexmark-Druckern erlauben, nicht aber von beiden zugleich oder gar noch von anderen dazu. IPP wird überall einsatzfähig sein, wo heute TCP/IP verfügbar ist.

IPP funktioniert folgendermaßen: Der Benutzer oder ein Anwendungsprogramm spricht die Adresse des Empfängerdruckers an. IPP sieht dafür einen Universal Resource Identifier (URI) vor, der für Endgeräte die vom Browser bekannte Adreßfunktion des Uniform Resource Locator (URL) wahrnimmt. Der entfernte Drucker stellt sich selbständig dem System des Absenders vor, und dieses klärt dann: Habe ich den richtigen Treiber für diesen Drucker? Wenn nicht, lädt es ihn automatisch von einer dafür vorgesehen Web-Site. Beim nächsten Mal hat der Absender natürlich all das fertig im System, abrufbar über das Adreßbuch.

Solche Funktionen erlangen bei Massenausdrucken entscheidende Bedeutung. Wenn Systeme miteinander im Web kommunizieren, dann muß es Protokolle geben, die einen vollautomatischen Ablauf auf der Basis bidirektionalen Signalaustauschs gewährleisten. Beispiel: Eine Bank verlangt vom entfernten Drucker die Gewähr, daß ein Scheck mit einer bestimmten Transaktionsnummer gedruckt wurde. Das System wäre dann zugleich in der Lage zu erkennen, auf welcher Seite ein Druck-Job durch einen Fehler gestoppt wurde und wo es wieder ansetzen muß.

Vorstellbar ist auch folgendes Szenario: In einem Extranet oder Virtual Privat Network (VPN) werden alle Netzwerk-Drucker, innerhalb der lokalen Netze wie an entfernten Standorten, über den URI definiert und administriert. Für den Benutzer ist es dann kein Unterschied, ob er auf einem Drucker im gleichen Haus oder vielleicht in Australien ausdruckt. Seine Anwendung kommuniziert mit ihm, als wäre er über den Parallelport am eigenen Arbeitsplatzcomputer angeschlossen.

Diese und viele andere Aufgaben soll IPP erfüllen. Die wichtigsten Funktionen sind mit der Version 1.0 Ende letzten Jahres verabschiedet worden und werden laufend ergänzt. Bei einem ersten Testlauf der PWG nahmen die Großen der Industrie wie Xerox, HP, Microsoft, IBM, Lexmark, Novell und Sun Microsystems teil. 16 Drucker und Printserver sowie acht Clients wurden mit großem Erfolg getestet.

Der Schlüssel zu einer schnellen Verbreitung der neuen Technik sind IPP-Server, genau gesagt, Printserver mit IPP-Fähigkeit. Sie werden entweder in die Drucker-Netzkarte integriert oder sitzen als kleine Box auf der Centronics-Schnittstelle auf und ersetzen dann zugleich die Netzkarte.

Das erste Gerät dieser Art stellte I-Data Inc. auf der Exponet/Internet 98 in Düsseldorf vor. In Deutschland wird das Unternehmen von KC Data Systems, Pohlheim, technisch betreut. HP und Lexmark haben ebenfalls IPP-fähige Produkte auf den Markt gebracht. Angeblich soll das Protokoll auch zum Lieferumfang von "Windows 2000" gehören. Sun Microsystems, IBM und Novell werden ebenfalls bald mit IPP antreten.

*Dieter Bülow ist freier Autor in Obernhain.