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IE 5.5 ist mal wieder reichlich proprietär

14.07.2000

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Microsofts neuer Browser Internet Explorer 5.5 (CW Infonet berichtete) könnte aus den schlimmsten "Browser-Kriegs"-Zeiten stammen, denn er bringt - entgegen den Marketing-Behauptungen des Herstellers - eine Reihe von Features mit, die mit den offiziellen Standards des World Wide Web herzlich wenig zu tun haben.

Beispielsweise hat Microsoft im Rahmen seiner "Dynamic HTML Behaviors" für Entwickler eine Reihe so genannter Shortcuts eingebaut. Damit lassen sich bestimmte häufig wiederkehrende Site-Elemente (beispielsweise ein Kalender) mit einem einzigen (Möchtegern-)HTML-Tag erzeugen. Entwickler, die sich diese proprietären Erweiterungen zu Nutze machen, schließen die Benutzer alternativer Browser wie Netscape oder Opera aus. "Wir hoffen, dass Web-Designer es sich gründlich überlegen werden, ob sie solche Shortcuts verwenden, die nur mit einem einzigen Browser funktionieren", appelliert etwa Jeffrey Zeldman, Chef des Web Standards Project (WaSP).

Leider ist mit Macromedia bereits ein renommierte Hersteller auf Microsofts proprietären Zug aufgesprungen. Macromedia nutzt die neue Behavior-Technik, um seine Vektor-Animationstechnik "Flash" enger in Web-Seiten zu integrieren, so dass diese in gleicher Weise interagieren wie gewöhnliche HTML-Elemente. "Wenn Anwender sich in Produktionsumgebungen auf proprietäre Techniken verlassen, schadet das dem Web", klagt Janet Daly, Sprecherin des World Wide Web Consortium (W3C). "Es leiden immer die Nutzer, wenn solche Technik nicht für alle Browser oder oft sogar für ein und denselben Browser auf unterschiedlichen Plattformen erhältlich ist." Daly rät Unternehmen deshalb, sich streng an die bestehenden W3C-Standards zu halten und an deren Weiterentwicklung mitzuarbeiten.