Produkt- und Service-Portfolio wird komplettiert

IDS will die gesamten Geschäftsprozesse begleiten

14.05.1999
Kurz vor dem geplanten Börsengang gewährte das Saarbrücker Softwarehaus IDS auf der 6. Europäischen Aris-Konferenz Einblicke in die Weiterentwicklung der Modellierungswerkzeuge. Auch die neuen Geschäftsfelder wie ERP-begleitende Tools kamen dabei nicht zu kurz. Achim Born* berichtet von der Veranstaltung.

Ihre internationale Kundenveranstaltung in Düsseldorf nutzte die IDS Scheer AG, um die neuen strategischen Initiativen für Wissens- und Performance-Management einem breiteren Publikum vorzustellen. "Die Frage, inwieweit eine ERP-Einführung die strategischen Unternehmensziele unterstützt, wurde bisher nicht ausreichend beleuchtet", erläuterte Produkt-Manager Wolfram Jost vor den rund 350 Teilnehmern der Aris-Konferenz. Und genau an diesem Punkt will IDS künftig ansetzen.

Abgleich von Wunsch und Realität

Ziel ist es, Wunsch und Realität bei Geschäftsprozessen miteinander abzugleichen und auf dieser Basis die Unternehmensorganisation anhand von Kennzahlen zu verbessern. Die bei den Geschäftsprozessen erarbeiteten Verfahren will man zudem beim Wissens-Management einsetzen. Wissensprozesse sollen hierbei analog zu den Geschäftsprozessen behandelt werden und in einer integrierten Betrachtung münden. Schließlich, so gibt sich Jost überzeugt, werde das Prozeßwissen wesentlicher Bestandteil eines Knowledge-Management-Repositorys.

Tummelten sich die Saarbrücker mit der Produktfamilie "Aris" bislang primär im Vorfeld der Produktivphase, will man sich mit den neuen Werkzeugen als Anbieter für Tools positionieren, die sämtliche Lebensphasen einer Software berücksichtigen. Außerdem soll die neue Produktstrategie ein Problem lösen, auf das Analysten immer wieder hinweisen: Die Modellierung der Prozesse ist noch weitgehend in der Freak-Ecke der Unternehmen versteckt, resümierte Helmuth Gümbel von Strategy Partners. Dabei besteht an der Bedeutung von Prozessen und ihrer Modellierung kein Zweifel. Schließlich verbinden sie die Unternehmensleitung, Fach- und IS-Abteilung sowie die externen Unternehmenspartner.

Daß die Grenzen zwischen diesen einzelnen Gruppen heute eher als Mauern erscheinen, hat nicht nur mit der Ignoranz der Mitarbeiter zu tun. Es fehlen auch adäquate Werkzeuge. Eine sehr schnelle Prozeßmodellierung zur Bewertung von alternativen Unternehmensstrategien sowie eine "bewertende" Visualisierung mit Eingriffsmöglichkeiten für das Management lassen sich mit den heute verfügbaren Tools laut Gümbel nicht praktizieren.

"Umfassende Modellierungswerkzeuge müssen Hilfen für die durchgängige Implementierung der Unternehmensstrategien auf allen Ebenen bieten", legt Gümbel die Meßlatte hoch. Gewisse Verbesserungen an den zur Verfügung stehenden Tools räumt der frühere Gartner-Group-Mitarbeiter allerdings ein. Namentlich erwähnt er das auf Virtual-Reality-Techniken basierende Visualisierungsprogramm "Improve" von der IWI/Universität Saarbrükken.

Nichts hält Gümbel vom "War-room" der SAP: Ein Raum, dessen monitorbestückte Wände aktuelle Kennziffern zum Unternehmensstand anzeigen, dem aber die Verbindung zu Computersystemen zur direkten Einflußnahme fehlt. Gümbels Kommentar: "Eindrucksvoll, aber unpraktisch." Die Visualisierung von Unternehmensentscheidungen müsse auf echten, sofort auswertbaren Daten beruhen.

Einige der von Gümbel erhobenen Forderungen sollen in den IDS-Initiativen umgesetzt werden - wenn auch mit gewissem Zeitverzug, denn mit ersten Lösungen wollen die Saarbrücker erst im Herbst aufwarten. Das Performance-Management wird zudem nur für SAP R/3 (ab Version 3.1H) verfügbar, soll in einer späteren Ausführung aber auch die Programme von Oracle, Peoplesoft und J.D. Edwards unterstützen.

Derzeit noch zwei Repositories

Die weitgehende R/3-Orientierung zog sich wie ein roter Faden durch die Düsseldorfer Veranstaltung. Das beruht unter anderem auf der traditionell engen Kooperation zwischen SAP und IDS. Vertreter beider Firmen erklärten, wie die Weiterentwicklung von SAPs Einführungsmethode Accelerated SAP (Asap) und die Zusammenarbeit mit dem Aris-Toolset intensiviert wird.

Als Bestandteil der Asap-Methodik wird ab R/3 4.5b die von IDS entwickelte Anzeige- und Navigationskomponente "Diagram Explorer" ausgeliefert. Damit lassen sich eine zeitlich logische Abfolge der ausgewählten Prozesse und deren Abhängigkeiten vom R/3-Referenzmodell visualisieren. Durch das Ein- und Ausblenden von Informationen kann die Darstellung vereinfacht werden. Bislang müssen hierfür die an Listen erinnernden Asap-Modelle aus dem zugehörigen Repository in das Gegenstück des Aris-Toolsets überführt werden.

Die erforderliche Pflege zweier Repositories stellt allerdings eine Schwachstelle dar. IDS will das so schnell wie möglich ausmerzen und plant, mit der Freigabe der APIs des Asap-Repositories (mit 4.6) die Aris-Tools direkt hierauf aufzusetzen.

Modellierung ist jedoch nicht der einzige Berührungspunkt zwischen IDS und den Walldorfern. Die Saarbrücker gehören zu den strategischen Entwicklungspartnern im Bereich Supply-Chain-Management der SAP. Insbesondere bei der SCM-Komponente "Advanced Planning & Optimization" (APO) steuern sie ihr Know-how bei.

SCM-Projekte meist für interne Logistik

Vorgestellt wurden unter anderem erste Implementierungserfahrungen aus APO-Einführungsprojekten bei Bosch, Fischerwerken, Goodyear und Sappi. Die Funktionsabdeckung in Bedarfsplanung, Supply Network Planning und Lieferterminbestimmung (Available to Promise) soll nach den ersten Eindrücken hoch sein. Zudem läßt sich APO zur "Integration" verschiedener R/3-Systeme im Unternehmen einsetzen. Lücken gibt es dagegen noch beim PPDS (Production Planning/Detailed Scheduling). Diese sollen mit Release 2.0 von APO abgestellt werden. Auffällig bei den vorgestellten Supply-Chain-Piloten ist auch, daß sich die Unternehmen bei der Einführung zunächst der internen logistischen Prozesse annehmen. Externe Partner wie Zulieferer werden allenfalls rudimentär einbezogen.

*Achim Born ist Fachjournalist in Köln.