Neue Umgebung für Entwicklung in C

IDE will das Design und den Source-Code synchronisieren

28.06.1991

MÜNCHEN (qua) - CASE vorwärts wie rückwärts auf Knopfdruck verspricht die Interactive Development Environments Inc. (IDE), San Francisco, mit der Ankündigung ihrer "C Development Environment". Die auf Unix basierende Anwendungsentwicklungs-Umgebung soll den Freiraum des Entwicklers erweitern, indem sie Code und Design automatisch konsistent hält.

Daß die Einführung einer strukturierten Methode einen Einbruch bei der Produktivität provoziert, ist fast schon eine Binsenweisheit. Vermeiden läßt sich dieser Produktivitätsverlust, so die dem IDE-Produkt zugrundeliegende Idee, indem die Entwickler die Möglichkeit erhalten, bei Bedarf den üblichen Software-Engineering-Prozeß umzukehren, also - wie von jeher gewohnt - zunächst den Code zu schreiben und daraus den Entwurf sowie die Dokumentation zu generieren.

Den Einwand, dadurch könnten sich viele Mitarbeiter in ihrer chaotischen Arbeitsweise bestärkt fühlen, will der IDE-Country-Manager für Deutschland, Paul Versteeg, nicht gelten lassen. Seiner Ansicht nach geht von der nachträglichen Design- und Dokumentations-Generierung ein Lerneffekt aus.

Die Kalifornier reklamieren für ihre "C Development Environment", die erste CASE-Umgebung zu sein, die den Anwendungsentwicklungs-Prozeß in beide Richtungen gleichermaßen unterstützt. Dadurch werde nicht nur die Erstellung neuer Anwendungen, sondern auch die Pflege vorhandener Applikationen erleichtert: Unstrukturierte Programme ohne ausreichende Dokumentation ließen sich auf diese Weise in wartungsfreundliche Anwendungen verwandeln.

Der Entwickler könne zwischen Entwurf, Programm und Dokumentation hin- und herspringen, ohne die Konsistenz von Design und Source-Code zu gefährden; Änderungen des Designs würden automatisch im Code nachvollzogen - und umgekehrt. Das Ergebnis sei ein inkrementelles Design, bei dem die Entwicklungslinien von Entwurf und Realisierung stets parallel verlaufen.

Ganz so einfach, wie es sich in den Marketing-Broschüren liest, ist das selbstverständlich nicht. So läßt sich beispielsweise aus dem Design keineswegs "automatisch" der Code generieren. Erzeugt werden lediglich sogenannte Code-Frames, die von den Entwicklern erst in tatsächlichen Programmcode umgesetzt werden müssen.

Um ihre Idee zu verwirklichen, haben die kalifornischen CASE-Spezialisten ihr seit sieben Jahren vermarktetes Analyse- und Design-System "Software through Pictures" (STP) um Reverse-Engineering-Werkzeuge sowie einen Code-Generator ergänzt und alle Komponenten über ein gemeinsames Repository miteinander verbunden. Integriert wurden auch das Debugging-Tool "Saber-C" von Saber Software sowie die Grafik-Werkzeuge "Framemaker" von Frame Technolology und "Interleaf" vom gleichnamigen Anbieter. Bislang läßt sich mit dem IDE-Produkt nur C-Code erzeugen; spätere Versionen sollen auch C + + unterstützen. Ebenfalls geplant ist die Integration der "Softbench"-Umgebung von Hewlett-Packard (HP).

Voraussichtlich ab August dieses Jahres wird die "C Development Environment" verfügbar sein - zunächst auf den SPARC-Stations von Sun, einige Monate später auch für die Ultrix-fähigen Rechner von Digital Equipment, für die HP 9000 Serie 300 und 400 sowie die RS/ 6000 von IBM. Die Lizenz für eine komplette Umgebung einschließlich Design- und Code-Generator kostet 57 000 Mark.