Mit PCs und Unix Gewinne machen:

IDC: Steigende Nachfrage in den neuen Bundesländern

14.12.1990

KRONBERG (CW) - Rund 1,37 Milliarden Mark wollen Unternehmen 1991 in den fünf neuen Bundesländern für PC-Technologie investieren. Davon entfallen nach dem Marktforschungs-Institut IDC Deutschland GmbH 44 Prozent auf PC-Hardware, 42 Prozent auf die Anschaffung von Software, die restlichen 14 Prozent schlagen für Beratung und Dienstleistungen zu Buche.

Vor allem 16- und 32-Bit-Rechner sind in Zukunft bei den Anwendern in der Ex-DDR gefragt: 91 von Hundert wollen AT-Technologie auf den Tisch, lediglich neun Prozent der im Sommer 1990 Befragten geben sich auch in Zukunft mit 8-Bit-Technologie zufrieden. Allerdings scheinen 79 Prozent der User nach dieser Umfrage eigentlich eine 386-Rechenleistung für ihren Bedarf als angemessen anzusehen.

IDC schätzt den gesamten in der Ex-DDR installierten Bestand an PCs zum Anfang des Jahres 1990 auf 110 000 Geräte. Im Vergleich dazu Zahlen aus der alten BRD: Allein 1989 wurden hier 1,44 Millionen PCs verkauft, davon entfielen 485 000 auf 286-, etwa

130 000 auf 386-Rechner. In Ostdeutschland hingegen beläuft sich nach Schätzungen der IDC die gesamte installierte Rechnerbasis an hochleistungsfähigen 32-Bit-Computern bislang auf weniger als zwei Prozent.

Bereits 1994 soll sich das Blatt jedoch gewendet haben: Dann werden nach Meinung der Analysten bereits mehr 32-Bit-PCs den Markt der angeschlossenen ostdeutschen Bundesländer bevölkern als XTs - die Marktforscher veranschlagen etwa 110 000 Systeme für die gehobene Rechnerklasse. Die Zahlen für 286-Rechner sollen sich um mehr als das Vierfache auf 220 000 Stück bis 1994 steigern.

Auch bei der Verbreitung von Betriebssystemen wird sich einiges tun: Bis Mitte 1990 kann man in den Gebieten jenseits von Elbe und Bayrischem Wald den Betriebssystem-Klassiker CP/M von Digital-Research in der Clone-Variante "SCP" mit 55000 Einsätzen auf PCs als "hot shot" ansehen. Das DDR-Pendant von MS-DOS, "DCP", lief immerhin auf

32 000 Maschinen, während Unix nur auf etwa 5000 Rechnern zum Einsatz kam.

1994 hat sich das nach Meinung der IDCer grundlegend geändert: CP/M fällt unter die Fünf-Prozent-Grenze und ist damit aus dem Rennen. Keine spezifizierten Angaben machten die Marktforscher aus Hessen für die Betriebssysteme DOS, Unix und OS/2, jedoch würden die beiden erstgenannten "besonders zum Tragen kommen".

Die IDC räumt vor allem Unix auf PC-Basis in den neuen Bundesländern gute Absatzchancen ein, "da an einen Personal Computer unter diesem Mehrplatz-Betriebssystem 20 und mehr Arbeitsplätze angeschlossen werden könnten". Hierdurch, so die Analysten, "ergäbe sich ein deutlich günstigeres Preis-Leistungs-Verhältnis pro DV-Arbeitsplatz als beim Einsatz von Einplatz-Betriebssystemen wie MS-DOS oder OS/2". Dieser Aspekt sei für Unternehmen in den finanzschwachen neuen Bundesländern von besonders hoher Bedeutung.

Den von IDC-Osteuropa-Experte Wilfried Köhler-Frost für das Jahr 1991 auf 575 Millionen Mark geschätzten Softwaremarkt werden nach seiner Meinung jedoch in erster Linie nicht die Betriebssysteme abschöpfen, sondern Anwendungspakete. Die IDC-Umfrage-Ergebnisse bei DV-Anwendern der Ex-DDR deuten auf eine verstärkte Nachfrage insbesondere nach Programmen für Marketing und Vertrieb, Fibu sowie Controlling hin.

Auch bei den Anwendungen spiegelt sich eine gewisse DV-technische Zeitverschiebung zwischen Ost und West wider: Wordstar, Dbase, Supercalc, Framework und Smart stellen die am häufigsten verwendeten Applikationen im Osten dar. Pascal, Basic und C sind in dieser Reihenfolge die beliebtesten Sprachen.

Bei etwa 45 Prozent der derzeit eingesetzten PC-Softwarepakete im neuen Einflußbereich der alten Bundesrepublik handelt es sich nach IDC-Erkenntnissen um Eigenentwicklungen der Anwender, Standardprodukte machten danach 34 Prozent aus und zu 21 Prozent wurde die Software-Entwicklung in Auftrag gegeben. Software-Hersteller können sich nach der Analystenmeinung auf eine bis 1994 um 16 Prozent gesteigerte Nachfrage bei Produkten von der Stange freuen.

Kasse machen können in der Ex-DDR auch Dienstleistungsunternehmen und Unternehmensberater: Die Mehrzahl der befragten Anwender will sich beim Aufbau ihrer PC-Infrastruktur auf externen Rat verlassen, besonders gefragt sind dabei Software- und Systemhäuser (etwa 33 Prozent), Hardwarehersteller wurden in 29 von hundert Fällen als Steigbügelhalter genannt. Westliche Kooperationspartner, Unternehmensberater, Verbände, Staat, gemeinnützige Institutionen, Landesregierungen und zuletzt Banken sind in Zukunft weitere Adressaten von gewünschten Hilfegesuchen. Fünf Prozent der Befragten erwarteten nach der Umfrage von keiner Seite Hilfe.