Netzwerksparte will Zahlungsaufschub

ICN setzt Lieferanten unter Druck

06.09.2002
MÜNCHEN (CW) - ICN, die Netzwerksparte von Siemens, versucht anscheinend mit allen Mitteln aus den roten Zahlen zu kommen: In einem Brief fordert ICN von ihren Lieferanten, die Zahlungsfristen zu verlängern und die Einstandspreise um 15 Prozent zu senken.

Mitte August verschickte Siemens ICN rund 200 Briefe an Lieferanten. In dem von den "Stuttgarter Nachrichten" zitierten Schreiben werden die Geschäftspartner aufgefordert, "sämtliche Kostensenkungspotenziale auszuschöpfen" und diese "im Sinne einer gemeinsamen Zukunftssicherung" weiterzugeben. Unter anderem kündigt das Unternehmen an, die Zahlungsfristen von 30 Tage auf 90 Tage ohne Abzug von Skonto zu verlängern. Ferner "erwarten wir von unseren Lieferanten eine Senkung der Einstandspreise von mindestens 15 Prozent". Wer der Aufforderung nicht nachkommt, hat möglicherweise das Nachsehen: Siemens will in der Netzwerksparte das Einkaufsvolumen künftig auf Basis der Kooperationsbereitschaft neu verteilen, heißt es in dem Brief.

Die Betroffenen selbst halten sich bislang zurück: "Es ist eine Sache zwischen Siemens und uns. Wir wollen das nicht öffentlich machen", erklärt ein Pressesprecher der Deutschen Post AG in Bonn.

Andreas Fischer, ICN-Pressesprecher, verweist unterdessen auf die schwierige Situation seines Unternehmens. In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2002 registrierte der Bereich einen Umsatzrückgang gegenüber dem Vorjahr um fast ein Fünftel auf rund 7,4 Milliarden Euro. Der Verlust vor Steuern und Zinsen schlug mit 366 Millionen Euro zu Buche. ICN will nun 3,5 Milliarden Euro einsparen und 4000 Stellen abbauen. Auch in den Bereichen Siemens Gebäudetechnik und Industrial Solutions and Services (I&S) stehen tausende Arbeitsplätze zur Disposition. Derzeit versucht der Gesamtbetriebsrat der Siemens AG, München/Berlin, mit dem Beschäftigungsmodell Altersteilzeit und der Gründung einer konzerninternen Dienstleistungsgesellschaft dem Stellenabbau entgegenzuwirken.

Mit dem Brief habe das Unternehmen den Geschäftspartnern die prekäre Situation erläutern wollen. "Das Schreiben soll in einen individuellen Kommunikationsprozess münden", erklärt Fischer, "bestehende Verträge werden aber eingehalten".