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ICN bereitet Siemens weiter Sorgen

23.01.2002
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MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der Elektronikkonzern Siemens AG hat in seinem ersten Geschäftsquartal 2002, das am 31. Dezember 2001 endete, wieder schwarze Zahlen vorgelegt. Das Ergebnis nach Steuern betrug 538 Millionen Euro oder 23 Cent je Aktie. Darin ist ein Verlust von 175 Millionen Euro an dem Halbleiterableger Infineon berücksichtigt. Im vorhergehenden vierten Geschäftsquartal 2001 hatte Siemens noch einen Verlust nach Steuern von 1,098 Milliarden Euro ausgewiesen. Das Ergebnis war vor allem durch hohe Sonderaufwendungen und die Verlustbeteiligung an Infineon belastet worden. Inzwischen hat Siemens Infineon mit Wirkung zum 5. Dezember 2001 dekonsolidiert. Das jüngste Ergebnis liegt dennoch weit unter dem im ersten Geschäftsquartal 2001 erzielten Konzerngewinn von einer Milliarde Euro oder 88 Cent pro Anteilschein.

Der operative Profit betrug im abgelaufenen Berichtszeitraum 487 Millionen Euro. Im ersten Geschäftsquartal 2001 kam Siemens noch auf ein Plus von über einer Milliarde Euro.

Erfreulich entwickelte sich der Gesamtumsatz der Münchner: Er stieg gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum um sieben Prozent auf 20,5 Milliarden Euro. Dabei verringerten sich die Einnahmen in Deutschland um zwei Prozent auf 4,31 Milliarden Euro. Im Ausland legte der Umsatz um zehn Prozent auf 16,19 Milliarden Euro zu, in den USA wuchsen die Einnahmen um 15 Prozent auf 5,04 Milliarden Euro. Der gesamte Auftragseingang kletterte um zwölf Prozent auf 24,9 Milliarden Euro. Infineon ist in diesen Zahlen nicht mehr enthalten.

Allerdings sank das Bruttoergebnis vom Umsatz von 28,9 auf 27,3 Prozent, da die höheren Margen in den Bereichen Power Generation (PG), Transportation Systems (TS) und Medical Solutions (Med) durch die niedrigeren Margen bei den Bereichen Information and Communication Networks (ICN), Information and Communication Mobile (ICM) und Power Transmission and Distribution (PTD) kompensiert wurden.

Sorgenkind ICN

Während einige Bereiche wie ICM und Siemens Business Services (SBS) nach hohen Belastungen im vierten Geschäftsquartal 2001 in die operative Gewinnzone zurückkehrten, bereitet der Netzwerkbereich ICN dem Unternehmen weiterhin Sorgen. Zwar ist mit einem tiefgreifenden Restrukturierungsprogramm versucht worden, die Kostenstrukturen der Einheit dem erheblichen Nachfragerückgang nach Netzwerk- und Telekommunikationsausrüstung anzupassen, dennoch betrug das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebita) minus 124 Millionen Euro. Im vergleichbaren Vorjahresquartal hatte Siemens hier noch einen Profit von 150 Millionen Euro verbucht. Einschließlich des Preisdrucks in der Vermittlungstechnik und einer rückläufigen Nachfrage im US-Geschäft für Breitband-Zugangstechnik sanken die Neubestellungen um 22 Prozent gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum auf 2,63 Milliarden Euro. Der Umsatz fiel um zwölf Prozent auf 2,54 Milliarden Euro.

Gegenüber dem vierten Geschäftsquartal 2001 sanken die Einnahmen und der Auftragseingang um 33 beziehungsweise 13 Prozent.

Aufgrund des Negativtrends überprüft Siemens derzeit das bisher eingeleitete Restrukturierungsprogramm vor allem hinsichtlich des US-Geschäfts. Das Unternehmen geht davon aus, dass weitere Neuordnungsmaßnahmen sowie Belastungen im Bereich ICN notwendig werden könnten. Bislang hatte Siemens die Entlassung von weltweit 10.000 Mitarbeitern im Netzwerkbereich angekündigt, 4000 davon in Deutschland (Computerwoche online berichtete).

Aufgrund von Einsparungsmaßnahmen und des erfolgreichen Weihnachtsgeschäfts konnte Siemens in seinem Mobilfunkbereich ICM ohne Berücksichtigung von Restrukturierungsaufwendungen wieder schwarze Zahlen schreiben. Das Ergebnis belief sich auf 86 Millionen Euro. Einschließlich dieser Sonderbelastungen betrug das Ebita 37 Millionen Euro und liegt damit deutlich unter den im vergleichbaren Vorjahreszeitraum erwirtschafteten 219 Millionen Euro. Der Umsatz stieg um sechs Prozent auf 3,13 Milliarden Euro, die Neubestellungen erhöhten sich um fünf Prozent auf 3,32 Milliarden Euro.

Zwar gingen die Einnahmen in der Sparte Mobiltelefone aufgrund der Einführung von kostengünstigeren Einstiegsmodellen zurück, allerdings konnte Siemens die Stückzahlen auf neun Millionen Einheiten steigern. Das Handy-Segment schrieb mit einem Ebita von 20 Millionen Euro wieder schwarze Zahlen. Vergleichswerte nannte das Unternehmen nicht.

Die Serviceeinheit SBS wies nach einem Ebita-Minus von 304 Millionen Euro im vierten Geschäftsquartal 2001 nun wieder ein Plus von 32 Millionen Euro aus. Dieses Ergebnis liegt sogar um rund 130 Prozent über dem Ebita des vergleichbaren Vorjahreszeitraums. Die Gesundung von SBS basiert laut Siemens vor allem auf der verbesserten Profitabilität des US-Geschäfts. Zudem bildete die Servicesparte im vierten Geschäftsquartal 2001 hohe Rückstellungen für drohende Verluste sowie Aufwendungen für Restrukturierungen. Der Umsatz sank im ersten Geschäftsquartal 2002 leicht von 1,48 auf 1,47 Milliarden Euro.

Ausblick 2002

Insgesamt zeigte sich Siemens-Chef Heinrich von Pierer mit den jüngsten Zahlen zufrieden. Durch die eingeleiteten Restrukturierungsmaßnahmen habe man gute Fortschritte erzielt. Er räumte jedoch ein, dass bei ICN weitere Anpassungen erforderlich sein könnten. Dennoch gibt er sich verhalten zuversichtlich für die Zukunft: "Ingesamt zeigt dieses Quartal, dass die operativen Bereiche in der Lage sein sollten, sich in den kommenden Quartalen in die Zielkorridore der Operation 2003 einzuschwingen." Hinter dieser Initiative verbergen sich die verschärften Maßnahmen zur Ergebnissteigerung, mit denen von Pierer die für 2003 prognostizierte Ebita-Marge von 9,2 Prozent erreichen will (Computerwoche online berichtete). (ka)