Haley Tabor, General Manager Emea von Computer Associates, über das neue Lizenzmodell

"Ich würde Zehnjahresverträge schreiben"

08.08.2003
LAS VEGAS (qua) - Als "Flex Select" bietet Computer Associates (CA) seit einem Dreivierteljahr eine neue Art von Softwareverträgen an. Eigenen Angaben zufolge hat das Softwareunternehmen damit einen Hit gelandet. Mit der Emea-Chefin (Europa, Naher Osten und Afrika) Haley Tabor sprach CW-Redakteurin Karin Quack über die Lizenzpolitik.

CW: Im Dezember 2000 führte CA bereits ein neues Business-Modell und damit verbunden eine neue Lizenzierungspraxis ein. Worin unterscheidet sich Flex-Select davon?

Tabor: Mit dem neuen Business-Modell haben wir unseren Kunden angeboten, Softwarelizenzen für kürzere Zeiträume zu erwerben. Das bedeutete gleichzeitig eine Umstellung unserer Bilanzierungspraxis von einer einmaligen zu einer monatlichen Erfassung der Lizenzen. Jetzt haben wir dieses Modell einen Schritt weiter getrieben, indem wir ihm die Komponente der Flexibilität hinzufügten.

CW: Was bedeutet diese Flexibilität für den Kunden?

Tabor: Sie hat unterschiedliche Aspekte. Zunächst führen wir die Kurzzeitlizenzen fort. Zweitens haben wir ein Lizenzprogramm aufgesetzt, das eine monatliche Verlängerung der Nutzungsdauer ermöglicht. Darüber hinaus erlauben wir es unseren Kunden, die Software nach Maßgabe der für ihr Geschäft gültigen Metriken in Lizenz zu nehmen.

CW: Wie sieht das in der Praxis aus?

Tabor: Eine Bank beispielsweise bemisst ihr Geschäft nach Anzahl der Kunden und deren Transaktionen. Wir haben in Deutschland bereits Kunden, mit denen wir die Nutzung unserer Software nach Anzahl der damit unterstützten Kundentransaktionen abrechnen. Das funktioniert selbstverständlich nicht für jeden Kunden, aber einigen kommt es sehr entgegen.

CW: CA hat sein Geschäftsmodell vor allem geändert, um einen kontinuierlichen Umsatzstrom bilanzieren zu können ...

Tabor: Nein, das war nicht der Hauptgrund. Selbstverständlich wirkte sich die Veränderung auf die Bilanzen aus. Aber das ist nur eine Nebenwirkung. Der eigentliche Grund war der, dass unsere Kunden nach mehr Flexibilität verlangten. Sie wollten die Software nicht mehr für drei Jahre, sondern für drei Monate. Wenn es nach mir ginge, würde ich Zehnjahresverträge schreiben.

CW: Also ist das Lizenzierungsmodell nur gut für die Kunden, aber nicht für CA?

Tabor: Wer eine solche Veränderung vornimmt, muss wissen, dass er damit zunächst einmal seinen Umsatz halbiert. Auf der anderen Seite reagierten die Wall Street und die Analysten positiv, denn dieses Geschäftsmodell bedeutet Vorhersagbarkeit: Wenn wir einen Dreijahresvertrag abschließen, dann wissen wir, was wir jeden Monat verbuchen werden.

CW: Das gilt aber nur für längerfristige Verträge. Nun sagten Sie doch, dass Flex Select gerade kurzfristige Lizenzen erlaubt.

Tabor: Das stimmt. Aber weniger als zehn Prozent unserer Kunden bleiben bei den Kurzzeitvereinbarungen. Sie möchten das Produkt erst einmal für zwei oder drei Monate haben, um zu schauen, ob es funktioniert und sich rentiert. Dann aber legen sie sich für zwei oder drei Jahre fest.

CW: Aber sie könnten nach drei Monaten auch einfach um ein weiteres Vierteljahr verlängern.

Tabor: Ja sicher, das ginge. Aber die zeitliche Flexibilität ist ja nicht die einzige, die wir anbieten. Beispielsweise lässt sich auch die Anzahl der Nutzer den jeweiligen Bedürfnissen anpassen.

CW: Da eine längere Nutzungsdauer für CA günstiger ist, offerieren Sie dafür sicher einen Preisnachlass.

Tabor: Selbstverständlich. Aber so viel macht das nun auch wieder nicht aus. Und das ist für die Kunden auch nicht das ausschlaggebende Argument. Schließlich wollen sie selbst Sicherheit bezüglich ihrer Ausgaben haben.

CW: Wie viele Kunden machen denn schon von der neuen Flexibilität Gebrauch?

Tabor: Seit wir unser neues Geschäftsmodell eingeführt haben, wurden in Europa mehr als 7000 Verträge unterschrieben. Zu Flex Select kann ich noch keine detaillierten Angaben machen. Aber es sind sicher mehrere hundert. Gerade unsere europäischen Kunden haben das neue Lizenzierungsmodell extrem gut angenommen.

CW: Wenn dieses Modell so gut für die Kunden ist, warum hat es dann kaum Nachahmer gefunden?

Tabor: Es gibt nicht so viele Unternehmen, die es sich leisten können, auf die Hälfte ihres Umsatzes zu verzichten. Das war auch für uns nicht leicht. Eben noch eine hochprofitable Software-Company, schrieben wir plötzlich Verluste. Deshalb schrecken viele Anbieter davor zurück, aber irgendwann werden sie es alle tun müssen, denn die Kunden bestehen darauf.

CW: Doch daneben gibt es den Zwang, jedes Quartal mit schwarzen Zahlen zu beschließen.

Tabor: Börse und Analysten lassen sich erziehen. Außerdem können die Anbieter auch nicht ewig damit leben, 85 Prozent ihres Quartalsumsatzes in der letzten Woche zu schreiben.