IT intim - Was CIOs beschäftig

Ich muss keine Rücksicht auf Seilschaften nehmen

15.10.2012
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Als Interims-CIO sind Sie selten länger als ein Jahr in einem Unternehmen. Was können Sie da eigentlich bewirken?
Falk Janotta, seit mehr als acht Jahren Interims-Manager in der IT.
Falk Janotta, seit mehr als acht Jahren Interims-Manager in der IT.
Foto: Falk Janotta

Lassen Sie mich vorausschicken, dass ein fest angestellter CIO heute eigentlich auch mehr oder weniger ein Interims-Manager ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass er eine auf drei bis fünf Jahre angelegte Strategie auch bis zum Ende umsetzen kann, liegt doch deutlich unter 100 Prozent.

Ich erhalte meine Mandate nicht nur, um ein Projekt zu Ende zu führen, sondern auch, um etwas auf den Weg zu bringen. Sei es, um eine Strategie zu entwickeln, um eine unerwartete Führungsvakanz auszufüllen oder um dem Unternehmen durch eine Übergangsphase zu helfen.

Mein letztes Mandat erhielt ich von einem Düngemittelhersteller, der von einem russischen Konzern übernommen wurde. Dort gab es vorher keinen IT-Verantwortlichen im eigentlichen Sinn. Es galt also, eine CIO-Funktion zu etablieren, die Integration in die Wege zu leiten - und außerdem noch eine Migration der ERP-Plattform von SAP auf Oracle vorzubereiten. Da habe ich Aufbauarbeit geleistet.

In dem vorangegangenen Fall kam ich in eine operativ funktionierende IT-Organisation, um eine Strategie zu entwickeln. Da spielen dann auch menschliche Faktoren eine Rolle - wenn beispielsweise jemand aus dem Team Ambitionen auf die Führungsposition hat. Ich sehe mich ja eigentlich nicht als dessen Konkurrent, denn meine Aufgabe ist zeitlich begrenzt. Aber für sechs bis neun Monate bin ich nun einmal der Vorgesetzte des Teams.

Der temporäre Charakter meiner Aufgabe hat Vorteile für mich selbst und für das Unternehmen. Ich schätze die Vielseitigkeit der Aufgabenstellungen, die immer neuen Herausforderungen. Dazu gehört auch das Ringen um Akzeptanz als Voraussetzung für erfolgreiche Arbeit. Meist muss ich erst einmal gegen das Vorurteil ankämpfen, hier käme "schon wieder ein Berater". Im Gegensatz zu einem Berater gehe ich in die Verantwortung; ich rede nicht nur, ich setze auch um.

Das Unternehmen profitiert davon, dass ich dort weder eine Vergangenheit noch eine Zukunft habe. Ich muss keine Rücksicht auf alte Seilschaften nehmen. Noch brauche ich zu taktieren, weil ich eine Karriere anstreben würde. Ich bin einzig meiner begrenzten Aufgabe und meinem Auftraggeber verpflichtet. Und wenn aus anfänglicher Skepsis hoffnungsvolle Erwartung wird, fühle ich mich bestätigt. (qua)