"Ich empfehle ein Frühwarnsystem"

07.05.2001
Von Helga Ballauf
Die Studie "Ausbildung für die Internet-Ökonomie" zeigt Wirkung. Mittlerweile entschließen sich immer mehr Multimedia-Firmen, den eigenen Nachwuchs selbst heranzuziehen. Über Trends der Diskussion sprach Helga Ballauf im Auftrag der COMPUTERWOCHE mit Projektleiter Lutz Michel, Inhaber des Essener Instituts "Michel Medienforschung und Beratung", das die Studie im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums erstellte.

CW: Ist ein neuer Beruf für Online-Design in Sicht?

Michel: Aussichtsreicher ist es, den erfolgreich eingeführten Beruf Mediengestalter für Digital- und Printmedien um eine entsprechende Fachrichtung zu ergänzen.

CW: Soll die Ausbildereignungsprüfung entfallen?

Michel: Die Hürden für Bewerber müssen niedriger werden.

Lutz Michel
Lutz Michel

Gut wäre etwa ein Online-Lehrgang zur Vorbereitung auf die Prüfung. Gleichzeitig sollte in der Multimedia-Branche dafür geworben werden, dass zum Ausbilden wichtiges pädagogisches und rechtliches Wissen gehört, über das nicht jeder automatisch verfügt.

CW: Ist die duale Ausbildung aus Kostengründen attraktiv?

Michel: Wer sie durchlaufen hat, kennt sein Unternehmen und ist billiger als ein FH-Absolvent: Dass viele Firmen so betriebswirtschaftlich an die Frage herangehen, ist nachvollziehbar. Mancher Hochschulabgänger wird sich anstrengen müssen, um von gut ausgebildeten Fachkräften nicht in den Schatten gestellt zu werden.

CW: Gute Ausbildungsqualität ist aber kein Selbstläufer.

Michel: Richtig, wenn ein Fünf-Mann-Betrieb sieben Azubis hat, müsste die IHK eigentlich eingreifen. Generell empfehle ich, die Ausbildung in Betrieb und Berufsschule um einen dritten Partner zu ergänzen - um New-Media-Akademien mit moderner Technik und guten Dozenten. In Nürnberg, in Leipzig oder in Hamburg gibt es schon vergleichbare Initiativen. Aber längst noch nicht überall - aus Kostengründen.

CW: Was halten Sie von Ausbildungsverbünden?

Michel: Sie werden in ihren Möglichkeiten überschätzt. Es ist peronalaufwändig, eigene und fremde Azubis im Unternehmen zu betreuen. Ich empfehle, lieber ein paar Mark für überbetriebliche Bildungsstätten auszugeben.

CW: Wer muss aktiv werden, damit die Ausbildung in der Internet-Ökonomie besser wird?

Michel: Erfahrungsgemäß können diejenigen Branchen Berufsbildungsfragen schnell und einvernehmlich lösen, die starke Sozialpartner haben. Aber in der Multimedia-Wirtschaft fehlt nach wie vor ein Arbeitgeberverband. Also muss die Politik etwas tun.

CW: Was schlagen Sie vor?

Michel: Vorschlag eins: Eine Internet-Plattform, die Infos zu Aus- und Weiterbildungsfragen gibt und den Austausch zwischen allen Multimedia-Beschäftigten ermöglicht, egal ob sie eher einen IT- oder einen Medienberuf haben. Vorschlag zwei: Eine regelmäßige Online-Befragung von Personalverantwortlichen zum Kompetenzbedarf, und zwar sowohl bei den Multimedia-Machern wie in den Anwenderunternehmen. Ein Frühwarnsystem sozusagen.