Anwender des Jahres: Norisbank

Ich brauch Geld! Ich geh ins Internet!

17.11.2005

Diese nimmt im Finanzverbund der Genossenschaftsbanken - insgesamt rund 1400 Volks- und Raiffeisenbanken in Deutschland - eine Art Zentralbankfunktion ein. Die rund 30 Millionen Kunden der Genossenschaftsbanken stellen dabei ein großes Kundenreservoir für Easycredit dar.

Die Bedeutung des Easycredit-Projekts

Um die Bedeutung des Easycredit-Projekts für die Norisbank zu erfassen, muss man dessen Geschäftsmodell verstehen. Duester erklärt: "Hierbei handelt es sich um ,vermitteltes' Geschäft." Obwohl die eigentlichen Kreditnehmer Kunden der Partnerbanken bleiben, fließen die Kreditsummen in die Bilanz der Norisbank ein. Deshalb liegen sowhl die Kreditentscheidung als auch die Risikosteuerung in Nürnberg. Die Partner wiederum erhalten für die Geschäftsvermittlung Provisionen. Die Boni werden auch bei Abschlüssen über das Internet fällig.

Willi Duester (ganz rechts) und sein IT-Team haben ein Kreditverkaufssystem entwickelt, das die Geschäftsprozesse der Norisbank entscheidend veränderte.
Willi Duester (ganz rechts) und sein IT-Team haben ein Kreditverkaufssystem entwickelt, das die Geschäftsprozesse der Norisbank entscheidend veränderte.

Die Norisbank-IT und die Fachbereiche der Bank trugen die komplette Verantwortung für die Easycredit-Entwicklung und deren Features, und zwar sowohl in puncto Gesamtfunktionalität und Sicherheit als auch bezüglich der höchstmöglichen Verfügbarkeit für die Kunden. Mit anderen Worten: Mit Easycredit warfen die Norisbank-IT und die Fachbereiche ihre gesamte Kompetenz in die Waagschale. Hätte die Neuentwicklung von Easycredit und der damit einhergehende Aufbau der "Credit-Fabrik" als vollautomatische, erweiterbare und offene Plattform für den gesamten Lebenszyklus eines Kreditkontos nicht funktioniert, hätte dies auch Konsequenzen für die Arbeitsplätze der Norisbank gehabt.

Projektsteckbrief: Norisbank

Die IT-Verantwortlichen hatten bei der Entwicklung von Easycredit eine Prämisse: Alle Softwareentwicklung findet ausschließlich auf Basis von Open-Source-Standardkomponenten statt.
  • Beginn: 17. Januar 2003;

  • Pilot fertig: 19. Dezember 2003;

  • TÜV-zertifiziert: 2004;

  • bundesweiter Rollout: Februar 2004;

  • angeschlossen sind heute 847 Volks- und Raiffeisenbanken;

  • 30.000 Endanwender in rund 12.000 Vertriebsstellen, Bankfilialen (zuzüglich Internet-Kreditanfrager) nutzen das System;

  • insgesamt wurden bislang 1,5 Millionen Kreditanfragen über Easycredit verarbeitet.

Charakteristika von Easycredit:

  • Komponentenbasierende J2EE-konforme Softwareentwicklung;

  • Entwicklung wiederverwendbarer Softwarekomponenten mithilfe beispielsweise des Codegenerators "Xdoclet" oder quelloffener Java-Tools wie "Struts", "Log4J" oder "OJB";

  • Einsatz von JBoss/Tomcat".

Zwei Prinzipien: Alles neu und Open Source

"Eine ganz wesentliche Entscheidung war, dass wir uns bei Easycredit nicht auf die vorhandene, historisch gewachsene Anwendung stützen, sondern alles völlig neu entwickeln wollten - und das strikt auf Basis von Open-Source-Produkten", sagt Duester. Ziel war es, eine Anwendungsarchitektur zu schaffen, die alle potenziellen Partner mit ihren jeweils unterschiedlichen Systemen und Plattformen nutzen können sollten.

Mit dem Einsatz von Open-Source-Software und der konsequenten Einhaltung von definierten Schnittstellen und Standards in der Programmierung von Frontends und der Middleware konnten beispielsweise auch Banken die browserbasierte Easycredit-Anwendung nutzen, die etwa noch OS/2 als Betriebssystem mit rund sechs Jahre alten Browser-Versionen im Einsatz hatten.

Ein weiterer Vorteil der Open-Source-Strategie ist laut Duester, dass für Easycredit schnell neue Anwendungsmodule entwickelt und angeflanscht werden können. "Solch eine schnelle Reaktion auf neue Anforderungen ist insbesondere im Mengengeschäft von großer Bedeutung", sagt Duester.

Die neue Version von Easycredit sollte gegenüber der alten Anwendung vieles besser können. Die Fachanforderungen gingen diesbezüglich sehr weit. Dazu gehörten Optionen wie die flexible Hinterlegung von betriebswirtschaftlichen Pauschalen (beispielsweise Haushaltspauschalen und Verpfändungsfreigrenzen) oder etwa Scorecard-Implementierungen, die je nach den Vorgaben eines Fachbereichs modifiziert werden können.