Die endlose Geschichte der Standards

IBMs XGA-Grafikformat stellt noch lange keine Vorgabe dar

07.12.1990

MENLO PARK/MÜNCHEN(CW) - Das zusammen mit den neuen PS/2-Modellen 90 und 95 präsentierte XGA-Grafikformat von Big Blue dürfte es nicht so leicht haben, am Markt einen Standard zu setzen.

Die IBM hatte während der Herbst-Comdex in Las Vegas ihren Beitritt zur "Vesa"-Vereinigung (Video Electronics Standard Association) erklärt. Dieser Standardisierungs-Organisation gehören für den Monitor- und Grafikkartenmarkt wichtige Unternehmen wie NEC, Intel, JVC, Nokia, Texas Instruments, Paradise oder Video Seven.

Bislang stehen dem Anwender, der auf eine 1024x768-Auflösung abzielt, vier verschiedene Optionen offen: Zum einen der Vesa-Standard selbst oder der Graphics-Array-Standard von TI. Außerdem kann er zwischen den Lösungen der IBM und verschiedenen anderen proprietären wählen.

Ein Industriestandard hatte sich durchgesetzt: IBMs VGA-Modus. Damit verwirklichte man eine industrieweit einheitliche Bios- oder Register-Kompatibilität. Allerdings gingen immer mehr Hersteller dazu über, ihre eigenen Supersets auf den VGA-Modus zu stülpen, die beispielsweise höhere Auflösung oder mehr Farben brachten. Diese Super-VGA-Implementationen schaffen allerdings Software-Entwicklern Probleme, da nun keine durchgängigen Schnittstellen für Applikationen mehr gegeben sind.

Diesem Umstand will etwa die Vesa mit ihrem "Super-VGA-BIOS-Extension"-Vorschlag entgegenwirken. Andererseits steht nun IBMs XGA-Spezifikation an, die nach Ansicht von Jon Peddie, dem Präsidenten des PC-Grafik-Beratungsunternehmens Jon Peddie Associates, die Standardisierungs-Bestrebungen vorantreiben wird.

Bislang gehen Marktanalysten davon aus, daß Big Blues XGA-Standard in den nächsten ein bis zwei Jahren keine besondere Marktwirkung entfalten wird. Das liegt nach Meinung etwa von James Anderson, dein Marketing-Direktor des Vesa-Mitglieds Headland Technology Inc., auch daran, daß prinzipiell die Kosten von 16- und 17-Zoll-Monitoren mit einer Auflösung von 1024x768 Pixel noch zu hoch seien. Andererseits seien die üblichen 14-Zoll-Displays für diesen Grafikmodus nicht akzeptabel, weil mit diesen Monitoren die Textdarstellung zu klein ausfalle.

Dataquest-Analyst Michel Castro widersprach übrigens der Ansicht, XGA werde sich als Standard ohne weiteres durchsetzen, da es gewisse Probleme beim Adaptieren des IBM-Standards auf ISA- und EISA-Busarchitekturen gebe.