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IBMs Umsatz wächst im Schneckentempo

18.10.2000
Gestern Abend legten IBM und Intel ihre aktuellen Quartalszahlen vor. Big Blue konnte mit einem dreiprozentigen Umsatzanstieg nicht überzeugen, Intel übertraf knapp die revidierten Erwartungen.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Am gestrigen Dienstag abend legten die US-Branchenschwergewichte IBM und Intel ihre Zahlen für das dritte Geschäftsquartal vor. Big Blue verbesserte seinen Nettogewinn gegenüber dem Vorjahreszeitraum zwar um elf Prozent, konnte die Analysten mit einem nur dreiprozentigen Anstieg der Einnahmen jedoch nicht überzeugen. Chipriese Intel übertraf mit seinem Ergebnis und Umsatz die erst vor kurzem nach unten korrigierten Erwartungen der Wallstreet.

IBM steigerte seinen Nettogewinn von 1,76 Milliarden Dollar oder 93 Cent je Aktie im dritten Quartal des Vorjahres auf 1,96 Milliarden Dollar oder 1,08 Dollar pro Anteilschein. Der operative Profit des IT-Konzerns kletterte im abgelaufenen Fiskalquartal um 20 Prozent gegenüber dem Vorjahresergebnis, das sich auf 1,69 Milliarden Dollar oder 90 Cent je Aktie belief. Damit lagen die Zahlen des in Armonk, New York, ansässigen Unternehmens im Rahmen der von First Call/Thomson Financial ermittelten Analystenprognosen.

Unzufrieden zeigte sich Big Blue über den Umsatz, der lediglich um drei Prozent auf 21,8 Milliarden Dollar angewachsen ist. IBM-Chef Louis Gerstner erklärte: "Wir hätten im dritten Quartal gerne mehr Einnahmen verzeichnet, aber wir wurden durch drei Faktoren behindert. Erstens war die Nachfrage nach unseren Mikroelektronikprodukten sowohl von externen als auch internen Kunden größer als unsere Lieferkapazität. Zweitens bremste die bevorstehende Veröffentlichung unseres neuen Highend-Servers die Nachfrage nach der /390-Serverfamilie. Drittens lief das Geschäft in Teilen unseres Softwaregeschäftes im September unerwartet schlecht."

Eigentlich hatten IBM und die Wallstreet ein Umsatzwachstum von sechs Prozent erwartet. Wäre der Euro nicht so schwach gewesen, hätte man dieses Ziel auch erreicht, heißt es von Seiten des IT-Konzerns. Die Einnahmen in Europa, Afrika und dem Nahen Osten (EMEA) fielen im dritten Quartal um drei Prozent auf 5,6 Milliarden Dollar. Bei stabiler Währung wäre eine Steigerung von acht Prozent erzielt worden, erklärte IBM. Enttäuscht zeigte sich Finanzchef John Joyce auch über das Geschäft in Nord- und Südamerika. Hier verbesserten sich die Einnahmen lediglich um ein Prozent auf 9,7 Milliarden Dollar. Erfreulich waren hingegen die Zahlen aus dem pazifisch-asiatischen Raum, wo der Umsatz um 18 Prozent auf 2,1 Milliarden Dollar wuchs.

IBMs PC-Geschäft erholt sich langsam

Der Hardware-Umsatz erreichte im abgelaufenen Berichtszeitraum 9,5 Milliarden Dollar, was einer Steigerung gegenüber der Vorjahresperiode von vier Prozent entspricht. Dabei habe das zuletzt defizitäre PC-Geschäft des IT-Giganten diesmal aufgrund höherer Einnahmen von 65 Millionen Dollar (plus 16 Prozent) schwarze Zahlen geschrieben. Im dritten Quartal seien 40 Prozent mehr PC-Server und 30 Prozent mehr Notebooks ausgeliefert worden. Die Nachfrage nach einigen "RS/6000"-Modellen (Web-Server) habe das Angebot sogar überstiegen. Die Einnahmen bei den AS/400-Midrange-Rechnern wiederum sanken aufgrund von Lieferengpässen um sechs Prozent. Der Übergang zu den neuen "z900 eServern" drückte den Umsatz bei den S/390-Mainframes um 24 Prozent.

Im Bereich Software gingen IBMs Umsätze um drei Prozent auf 2,9 Milliarden Dollar zurück. Joyce zufolge war es nicht gelungen, einige Aufträge noch im dritten Quartal abzuschließen. Das Ergebnis der System-Management-Lösung "Tivoli" sei dabei "besonders enttäuschend". Die Einnahmen bei IBMs Datenbank- und "Websphere"-Produkten hätten jedoch kräftig zugelegt, während der Umsatz mit Betriebssystem-Software nachgelasssen habe.

Die Dienstleistungssparte IBM Global Services konnte im abgelaufenen Quartal um vier Prozent auf 8,2 Milliarden Dollar zulegen. Global Financing wuchs um elf Prozent auf 859 Millionen Dollar. Um 19 Prozent verloren jedoch die Einnahmen der Enterprise-Investments-Einheit auf 323 Millionen Dollar.

IBMs neues Management auf dem Prüfstand

Obwohl IBM mit seinem Ergebnis im Rahmen der Wallstreet-Prognosen liegt, belegen die Zahlen die Schwierigkeit des IT-Riesen, nach drei schwierigen Quartalen wieder ein gesundes Umsatzwachstum vorzuweisen. Analysten sahen in der jüngsten Zahlenveröffentlichung eine Feuerprobe für das Management. Erst Anfang des dritten Quartals waren die IBM-Veteranen Sam Palmisano und John Thompson zum President und Chief Operating Officer beziehungsweise Vice Chairman ernannt worden. "Das neue Management wird auch im vierten Quartal verstärkt unter die Lupe genommen," glaubt Bob Sutherland, Analyst von Technology Business Research.

Im vierten Berichtszeitraum erwarte die Wallstreet von IBM einen Gewinn von 1,48 Dollar je Aktie sowie 26,6 Milliarden Dollar Umsatz, erklärte Joe Cooper, Analyst bei First Call/Thomson Financial. Für das gesamte Geschäftsjahr gehe man von einem Profit von 4,45 Dollar pro Anteilschein aus. Die Prognosen für das Fiskaljahr 2001 liegen laut Cooper bei 5,04 Dollar je Aktie.

Die Anleger reagierten verstimmt auf die Ergebnisse: Im nachbörslichen Handel fiel die IBM-Aktie am gestrigen Dienstagabend von 113 Dollar auf 100 Dollar.

Intel verzeichnet Rekordumsatz

Trotz Lieferschwierigkeiten und der Zurücknahme seines 1,13-Gigahertz-Pentium-III-Prozessors legte Intel im dritten Geschäftsquartal ein solides Ergebnis vor. Der Nettogewinn des Chipriesen stieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 72 Prozent auf 2,51 Milliarden Dollar oder 36 Cent je Aktie. Der operative Profit belief sich auf 2,9 Milliarden Dollar oder 41 Cent pro Anteilschein. Damit lag das Ergebnis um drei Cent über den nach unten korrigierten Erwartungen der Analysten. Nach der von Intel am 21. September überraschend veröffentlichten Umsatzwarnung hatte die Wallstreet ihre Prognosen von 41 auf 38 Cent pro Anteilschein gesenkt.

Intel erwirtschaftete im abgelaufenen Berichtszeitraum einen Umsatz von 8,73 Milliarden Dollar, der gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 19 Prozent stieg. Damit lagen die Einnahmen leicht über den vor kurzem gesenkten Umsatzprognosen von 8,5 bis 8,7 Milliarden Dollar. Ursprünglich hatte die Wallstreet allerdings mit Einkünften von 9,1 Milliarden Dollar gerechnet. Unternehmenschef Craig Barrett zeigte sich erfreut über die Rekordeinnahmen, die man trotz der schwachen PC-Nachfrage in Europa erreicht habe. Besonders positiv habe sich das Geschäft mit Servern, Flash-Memory-Speichern und Netzwerk-Chips entwickelt.

Auch im kommenden Berichtszeitraum rechnet Barrett mit einem Rekordergebnis. So soll der Umsatz vom dritten zum vierten Quartal um vier bis acht Prozent wachsen. Analysten stuften diese Prognose angesichts des traditionell umsatzstarken Weihnachtsgeschäfts als eher konservativ ein. Sie begründeten die Vorsicht des kalifornischen Chipriesen mit dem Desaster nach dessen Umsatzwarnung im vergangenen Monat, als die Aktie des Unternehmens an einem Tag um 22 Prozent abstürzte (Computerwoche online berichtete). Nach der Ergebnisverkündung rutschte die Intel-Aktie im nachbörslichen Handel von 36,19 auf 35,63 Dollar ab.