Der Druck auf Minis und Mainframes wächst

IBMs RISC-Workstation schlägt Supercomputer

30.03.1990

MÜNCHEN (CW) - Erste unabhängige Performance-Tests mit IBMs neuem RISC-Rechner RS/6000 brachten erstaunliche Ergebnisse: Bei einigen Anwendungen war die Powerstation 530 um bis zu 50 Prozent schneller als eine Cray X/MP 4/16.

Bei den von Eugene Brooks an den Lawrence Livermore National Laboratories durchgeführten Benchmark-Tests handelte es sich um Skalaranwendungen-zugegebenermaßen nicht unbedingt ein Heimspiel für einen Supercomputer. Dennoch führten die Ergebnisse bereits zu Diskussionen über die Zukunft der Superrechner. Wie Brooks hervorhob, liefere die Workstation eine der Cray vergleichbare Leistung für einen um 99 Prozent niedrigeren Preis. Während für die X/MP vier Millionen Dollar anzusetzen sind, kostet die RS/6000 nicht einmal 43 000 Dollar.

Der Vergleich der beiden Rechner ist allerdings insofern nicht ganz zulässig, als Supercomputer gewöhnlich auf Vektoranwendungen hin optimiert sind, bei denen ein Befehl miteiner ganzen Liste von Werten parallel ausgeführt wird. Skalare Anwendungen hingegen, machen laut Cray nur etwa ein Prozent der Aufgaben aus, für die ihre Rechner üblicherweise eingesetzt werden.

Wie Brooks zugab, lag die X/MP denn auch bei Vektoranwendungen weit vor der RS/6000. Die IBM-Workstation, die im Mai auf den Markt kommen soll, kann bis zu fünf Befehle parallel abarbeiten und kommt dabei auf eine gute, aber nicht unbedingt sensationelle Leistung von 34,5 MIPS. Eine reale Gefahr ist sie damit weniger für Supercomputer als vielmehr für die ohnehin angeschlagenen Minis und Mainframes. In diesem Bereich erwarten Beobachter, daß Unix-Workstations in den nächsten Jahren einen immer größeren Teil des Marktes an sich reißen werden.

Supercomputer dagegen werden, wie der amerikanische Parallelrechner-Spezialist Omri Serlin glaubt, zumindest noch die nächsten zehn Jahre eine wesentliche Rolle spielen. Echte Parallelrechner mit Tausenden von Prozessoren ermöglichen heute bereits eine Performance und ein Preis-/Leistungs-Verhältnis, wie sie auf absehbare Zeit von Workstations kaum erreicht werden. Wenn Cray und Co. eine Gefahr drohte, so W. Daniel Hillis, Entwickler der "Connection Machine" mit 65 536 Prozessoren, auf der CeBIT, dann von dieser Seite.