SQL Access Group kann Zeitplan nicht einhalten

IBMs proprietäres SQL-Klonzept behindert die Standardisierung

19.06.1992

MÜNCHEN (CW) - Die SQL Access Group steht vor unerwarteten Schwierigkeiten. Trotz erster Erfolge verzögert sich die Entwicklung eines offenen SQL-Standards für verteilte Umgebungen immer mehr. Das Konsortium muß nämlich gegen einen Konkurrenzentwurf antreten, den die IBM beim amerikanischen Normengremium ANSI eingereicht hat.

"Wir hatten nicht erwartet, daß es so aufwendig sein würde, für unsere technischen Spezifikationen zu werben", klagt John Robertson, Chairman der SQL Access Group, im Gespräch mit dem britischen Branchendienst "Computergram". Wie schwierig die Situation inzwischen geworden ist, zeigt sich darin, daß selbst Mitgliedsunternehmen wie Informix, Oracle und Sybase neben dem SQL-Access-Standard den IBM-Vorschlag unterstützen.

IBMs Distributed Relational Database Architecture (DRDA) für verteilte Datenverarbeitung beruht zwar auf SQL - schließlich stammt die Datenbankabfrage-Sprache von den Armonkern -, wurde jedoch für das auf proprietäre Mainframe-Anwender ausgerichtete Information-Warehouse-Konzept der Armonker entwickelt. Die Aktivitäten der SQL Access Group zielen dagegen auf größtmögliche Offenheit zwischen den Produkten verschiedener Hersteller. So sollen zum Beispiel Sybase-Front-ends oder Informix-4GLs auf Oracle-Back-ends zugreifen können. Auch beliebige andere Konstellationen sind denkbar.

Aus diesem Grund gilt die SQL Access Group laut "Computergram" als die einzige Open-Systems-Organisation, die der Übermacht der IBM im Datenbankbereich Paroli bieten kann. Jetzt scheinen sich jedoch die Datenbankanbieter der Marktmacht von Big Blue zu beugen.

Informix und Co. glauben, es sich laut "Computergram" nicht leisten zu können, auf die Unterstützung von IBMs DRDA zu verzichten.

Damit der SQL Access Group in dieser Situation nicht die Anhänger davonlaufen, sieht sich die Vereinigung in einem Umfang zur Überzeugungsarbeit für ihre Spezifikationen gezwungen, die sie von ihren eigentlichen Aufgaben abhält. Laut Robertson sind bereits einige Projekte gefährdet. Ulrich Riepl, Chairman der X/Open Database Management Working Group, bestätigt, daß sowohl die Spezifizierung der persistenten SQL-Funktionen als auch die Definition des für verteilte Datenverbeitung unabdingbaren Two-Phase-Commit-Protokolls verschoben worden sind.