CII-Honeywell Bull-General Jean-Pierre Brulé zur Rolle des Marktleaders:

IBMs Politik formte den Computer-Weltmarkt

06.10.1978

BONN - Auf mehr als 50 Milliarden Dollar werden sich in diesem Jahr die Aufwendungen aller EDV-Anwender summieren, wovon die EDV-Hersteller rund 31 Milliarden als weltweiten Umsatz verbuchen dürften. So CII-Honeywell Bull-General Jean-Pierre Brulé vergangene Woche vor dem europäischen Club in Bonn, wo er sich mit den "Perspektiven für die europäische EDV-Industrie" auseinandersetzte.

Brulé beziffert den Wert der weltweit installierten Computersysteme mit mehr als 100 Milliarden Dollar, wobei der Installationswert in Relation zum Bruttosozialprodukt einen Indikator für die Entwicklung des EDV-Einsatzes böte. In der EG läge das Verhältnis bei 1,5 bis 1,7 Prozent, in den USA (Stand: 1975) bei 2,2 Prozent. Dort dürfte sich der EDV-Anteil auf drei Prozent bis 1985 erhöhen. Wobei Brule allgemein von 15 Prozent Wachstum für den Gesamtmarkt ausgeht.

Brulé streifte auch das Verhältnis zum Weltmarkt-Leader IBM, dessen Vorherrschaft selbst die amerikanische Regierung "mit Sorge betrachte". Die "beherrschende Stellung von IBM zeige sich nicht allein am Marktanteil und Umsatz, sondern auch an der Gewinnmarge von fast 30 Prozent vor Steuern und an der Bilanz, die über sechs Milliarden Dollar an liquiden Mitteln und keine Verbindlichkeiten ausweist."

Auch die kapitalintensive Struktur der EDV-Industrie sei Folge eines IBM-Verhaltens, konstatierte Brulé. Daß die EDV-Industrie pro Dollar Umsatz einen Dollar Eigen- oder - Fremdkapital aufwenden müsse, habe die IBM verursacht, die bis 1956 ihre Anlagen nicht verkauft, sondern nur vermietet habe. Brulé: "Vermietung ist ein ausgezeichnetes Geschäft, wenn man über die Mittel verfügt, Wachstum voranzutreiben; es ist außerordentlich problematisch, wenn die Gewinne nicht ausreichen, das benötigte Kapital zu bilden." Folgerung: Konzentrationen sind in dieser Branche unausbleiblich.

Ein weiteres Erfolgsmerkmal sei die Produktivität, wobei der produktivste Hersteller dreifach produktiver als der am wenigsten produktive Hersteller sei. Brulé: "Niemand wird überraschen, daß das größte Unternehmen, die IBM, auch die höchste Produktivität hat."

Zu den Zukunftsaspekten meint der CII-Honeywell Bull-General: "In Anbetracht von Hunderttausenden von Terminals in Unternehmen und Verwaltungen und bald Millionen Terminals in Haushalten, ist die Anwendung des Computers nicht mehr eine Sache von Spezialisten. Jedes Kind wird in der Schule Grundkenntnisse über Computer erwerben müssen."