Rund 15 600 Arbeitsplätze fallen Sparplänen zum Opfer

IBMs Personalabbau übertrifft Befürchtungen

23.08.2002
MÜNCHEN (wh) - Gut drei Monate nach den ersten vagen Ankündigungen hat IBM die Katze aus dem Sack gelassen: Mehr als 15600 Arbeitsplätze, etwa fünf Prozent der gesamten Belegschaft, fallen den aktuellen Sparplänen zum Opfer. Analysten hatten zuvor mit höchstens 9600 Stellenstreichungen gerechnet. In Deutschland stehen Unternehmensangaben zufolge keine Entlassungen bevor.

Als IBM-Chef Sam Palmisano am 24. April erstmals weit reichende Sparmaßnahmen andeutete, löste er eine Welle von Spekulationen aus. Zwischen 6400 und 9600 Angestellte könnten ihren Job verlieren, interpretierten Branchenbeobachter die Äußerungen des Firmenlenkers. Der hatte vor einem unerwartet schwachen Wachstum der IT-Industrie gewarnt und von der Notwendigkeit gesprochen, einiges "zurückzustutzen". Seitdem bestätigte der Konzern Entlassungen in Unternehmensteilen stets nur häppchenweise.

Nun hat Big Blue erstmals genauere Angaben zu den Personalmaßnahmen gemacht und dabei die Befürchtungen bei weitem übertroffen. Von den zuvor rund 320000 Stellen strich das Management im zweiten Quartal mehr als 15600, gut die Hälfte der Betroffenen habe das Unternehmen bereits verlassen. Die übrigen Mitarbeiter sollen zum größten Teil bis Ende September von Bord gehen. Per Pflichtmitteilung an die US-Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) bestätigte IBM damit den größten Personalabbau seit Anfang der 90er Jahre.

Wie von Analysten prognostiziert, trifft es die Dienstleistungssparte IBM Global Services (IGS) am härtesten. Rund 14000 Stellen fallen in diesem Bereich weg, weitere 1400 in der hochdefizitären Halbleiterdivision Microelectronics. Nicht eingerechnet ist dabei die Auslagerung der ebenfalls verlustbringenden Festplattenfertigung in ein Joint Venture mit Hitachi, von der rund 17000 Mitarbeiter betroffen sind.

Nach Abschluss der Personalmaßnahmen beschäftigt das Unternehmen weltweit noch rund 305000 Menschen. Mit der Übernahme von Pricewaterhouse Coopers Consulting (PWCC), die Ende September unter Dach und Fach sein soll, kommen allerdings rund 30000 Angestellte hinzu.

In Deutschland plant IBM laut Sprecher Michael Kieß keine Entlassungen. Zwar seien seit Jahresanfang 300 bis 400 Stellen über natürliche Fluktuation und Altersteilzeitregelungen abgebaut worden. "Massive Maßnahmen", wie in den USA angekündigt, seien hierzulande aber nicht zu erwarten. Als Spekulation bezeichnete Kieß Berichte, denen zufolge die PWCC-Akquisition weitere Personalkürzungen nach sich ziehen werde. Es sei noch zu früh, darüber Aussagen zu treffen. Detaillierte Informationen erwarte er Anfang Oktober, wenn Kartellbehörden und die Partner der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse-Coopers der Transaktion zugestimmt haben.

Mehrere Branchenexperten, darunter die Goldman-Sachs-Analystin Laura Conigliaro und der IBM-Kenner Bob Djurdjevic von der US-amerikanischen Beratungsfirma Annex Research, erwarten nach dem PWCC-Deal weitere Stellenstreichungen im Dienstleistungssektor. Grund dafür seien Überschneidungen im Angebotsportfolio und die anhaltend schwache Nachfrage in einigen Segmenten des IT-Servicemarkts.

Davon könnte auch die deutsche Belegschaft betroffen sein. Von den gut 26000 Mitarbeitern sind rund 40 Prozent dem Dienstleisungssektor zugeordnet. Im Juni kündigte IBM Deutschland an, bis zum Jahresende vier von acht Standorten der Servicetochter DVO Oberhausen zu schließen. (wh)