Veränderte Vertriebs- und Servicestrategie

IBMs Offensive im PC-Geschäft ruft Empörung im Handel hervor

06.09.1996

Auf der CeBIT Home in Hannover nutzte Jürgen Renz, Leiter des PC-Geschäfts der IBM Deutschland, die Abwesenheit des Marktführers Compaq, um die Ziele Big Blues unters Volk zu bringen. In spätestens einem Jahr wolle man wieder die Nummer eins im weltweiten PC-Markt sein, warf sich der Manager in die Brust. Im zweiten Geschäftsquartal des Jahres sei die IBM im weltweiten PC- Geschäft um 34 Prozent gewachsen. Im Consumer-Bereich bestehe aber noch Nachholbedarf. IBM hole jetzt auch im deutschen PC-Markt auf, erklärte Renz. Der Hersteller zeigte auf der CeBIT Home unter anderem die bereits angekündigte Multimedia-PC-Linie "Aptiva" (siehe CW Nr. 35, Seite 27: "IBM hofft mit Aptiva-PCs ...").

Das Wiedererstarken des eigenen PC-Bereichs führt Renz auf mehrere Gründe zurück. Zum einen habe man erneut innovative Produkte zu konkurrenzfähigen Preisen im Angebot. Zum anderen hätte der Hersteller auch Verbesserungen in der Produktionssteuerung und in der Logistik erreicht. In Deutschland werde darüber hinaus die Vertriebsstruktur für die PC-Schiene umgestellt: Statt wie bisher 350 Händler direkt zu betreuen, wolle IBM den Großteil des Handelskanals über Distributoren beliefern. Lediglich die 50 wichtigsten Händler sollen direkt betreut werden. Service und Support für die PC-Produkte werde künftig die IBM-Tochter CSG (Computer Service GmbH), Erfurt, übernehmen. Alle Servicemitarbeiter der IBM seien in die CSG integriert.

Bei den Händlern stößt die neue Vertriebsstrategie allerdings auf wenig Gegenliebe. Karl Ulrich Schönemeyer, Geschäftsführer der PC- Fachhandelskooperation Comteam, findet deutliche Worte: "Ich sehe darin ein weiteres Zeichen dafür, daß dieser Konzern nicht in der Lage ist, Händler zu moderieren und auch mit Händlergruppen zu kooperieren." Für die Industrie sei es ein sehr bequemer Weg, nicht mehr mit den Händlern in direkten Kontakt zu treten, sondern die Verteilung und Betreuung über Distributoren abzuwickeln. Diese könnten aber aufgrund der sich verschärfenden Margensituation den gewachsenen Anforderungen des Handels nicht mehr gerecht werden.

Das Vorhaben IBMs, Service und Support über die Tochter CSG laufen zu lassen, sieht Schönemeyer "schon fast als Affront" gegen die Händler. IBM organisiere damit ein Geschäft, zu dem Comteam eigentlich die Fachhändler motivieren wolle. Diese sollten weniger an der Ware verdienen und verstärkt mit Dienstleistungen Umsatz machen. IBM setze hier den eigenen Wettbewerb dagegen. Als Fachhandelsstrategie sei dies sicher nicht der richtige Ansatz.