IBMs Erfolg basiert auf Software

25.01.2005
Big Blue hat das Geschäftsjahr 2004 mit hervorragenden Zahlen beendet. Ob es so weitergeht, wird maßgeblich von der Softwareeinheit abhängen.

Es war IBMs stärkstes Quartal überhaupt", frohlockte Chief Executive Officer (CEO) Samuel Palmisano anlässlich der jüngsten Quartalsbilanz. Erstmals durchbrach der weltgrößte IT-Anbieter im vierten Quartal 2004 beim Gewinn die Drei-Milliarden-Grenze. Der Profit von 3,04 Milliarden Dollar bedeutete ein Wachstum von zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Den Umsatz steigerte der Konzern in den letzten drei Monaten des zurückliegenden Jahres um sieben Prozent auf 27,7 Milliarden Dollar.

Wachstum fällt schwerer

Allerdings wird es für den IT-Riesen zunehmend schwieriger, Wachstum aus seinem eigenen Geschäft heraus zu generieren. So stützte im vierten Quartal 2004 maßgeblich der schwache Dollar die IBM-Zahlen. Währungseinflüsse nicht berücksichtigt, betrug das Umsatzplus nur noch drei Prozent im Vergleich zum vierten Quartal 2003.

Trotz dieses Trends bleiben die Ziele der IBM-Verantwortlichen ehrgeizig. Finanzchef Mark Loughridge verkündete, den Profit jährlich um zehn Prozent steigern zu wollen. Die Einnahmen sollen zwischen fünf und zehn Prozent pro Jahr zulegen. Um diese Vorgaben zu erfüllen, wird der IT-Konzern verstärkt auf die Profitabilität seiner Geschäftsbereiche achten müssen. Zu spüren bekam dies zuletzt die Hardwaresparte. Palmisano stieß die seit Jahren schwächelnde PC-Einheit an den chinesischen PC-Hersteller Lenovo ab.

Im Softwaregeschäft kennt Big Blue solche Probleme bislang nicht. Zwar trug diese Sparte mit 4,55 Milliarden Dollar nur rund 16,5 Prozent zum Gesamtumsatz des Konzerns bei, doch die Profitabilität ist einzigartig. IBM verdiente hier 1,7 Milliarden Dollar - fast 40 Prozent des gesamten Vorsteuergewinns.

Einige Analysten fürchten jedoch, dass die Goldgräberstimmung im Softwaremarkt bald zu Ende geht. Die Investment-Banker von JP Morgan rechnen beispielsweise für das laufende Jahr mit einem Wachstum zwischen vier und sieben Prozent für die weltweite Softwarebranche. 2004 sollen es laut den Analysten noch zwischen acht und zehn Prozent gewesen sein. Der Markt wird zusehends erwachsen, heißt es in einem Bericht. Software sei kein Boom-Geschäft mehr. Zwar gebe es nach wie vor Wachstum, "aber es ist schwerer zu finden".

IBM hat sich schon vor Jahren auf das Geschäft mit Middleware zurückgezogen und das Applikationsgeschäft SAP & Co überlassen. An dieser Strategie werde sich nichts ändern, bekräftigt Andreas Tuerk, Vice President SMB & Channel der IBM Software Group in Europa.

Innerhalb von IBMs Softwarefamilie kann Websphere die höchste Wachstumsraten aufweisen. Um 18 Prozent legte das Geschäft im abgelaufenen Quartal im Jahresvergleich zu. Lediglich Tirdi präsentierte mit einem Plus von 25 Prozent mehr Wachstum. Allerdings profitierte die System-Management-Sparte von der Candle-Übernahme im April 2004.

Um die Entwickler für die eigenen Plattformen zu begeistern, unterhält IBM verschiedene Programme. Die Softwarehäuser müssten sich entscheiden, ob sie ihre Applikationen an einem proprietären Windows-basierenden Betriebssystem ausrichten wollen oder ob sie ihre Entwicklung auf einer offenen Plattform betreiben möchten, stichelt Tuerk gegen Microsoft. Microsoft versucht seit geraumer Zeit, freie Softwareentwickler auf seine .NET-Plattform einzuschwören.

Hoffnungsträger Middleware

IBM fokussiert sich ganz auf Middleware, bestätigt Andreas Zilch, Analyst von Techconsult. Die Betriebssystem-Sparte pflege in erster Linie die Bestandskunden. Hier sei kaum Wachstum zu erwarten. Der Konzern habe in der jüngsten Vergangenheit konzentriert für seine Integrationsplattform "Websphere" zugekauft.

Zumindest von den Produktnamen her seien diese Akquisitionen zügig integriert worden. Doch auch bei der technischen Einbindung mache IBM Fortschritte, gesteht der Techconsult-Analyst dem Konzern zu. Für die Zukunft will IBM-Manager Tuerk weitere Zukäufe nicht ausschließen. Damit soll das Middleware-Produktportfolio in erster Linie technologisch ergänzt werden. "Es geht nicht darum, Wachstum zu kaufen."

Gefahr durch SAP und Oracle?

"IBM hat mit Websphere einen zeitlichen Vorsprung von zwei Jahren", schätzt Zilch. Langfristig drohe dem Unternehmen jedoch Gefahr von Seiten der großen Applikationsanbieter. So versucht beispielsweise SAP, mit "Netweaver" seine eigene Integrationsplattform zu etablieren. Auch Oracle hat angekündigt, seine Anstrengungen in Sachen Integration zu forcieren. Diese Bemühungen sieht Tuerk jedoch nicht als Gefahr für IBM: "Als Marktführer wird man immer von einer Horde Verfolger getrieben." Außerdem stehe man nicht still, sondern investiere weiter in die Entwicklung seiner Plattform.

Dabei könnte IBM jedoch in Schwierigkeiten geraten, mutmaßt Zilch. Um den Kundenwünschen nach einfacher Implementierung entgegenzukommen, müsse Big Blue seine Produkte stärker integrieren und standardisieren. Dies widerspreche jedoch der grundsätzlichen Serviceorientierung des Konzens. So versuche IBM, rund um seine Software den Anwendern zusätzliche Dienstleistungen zu verkaufen.

Wunsch nach Unabhängigkeit

Kunden bewerten diesen Ansatz jedoch skeptisch. "Zwar sind die IBM-Vertriebsmitarbeiter nicht mehr mit dem großen Fangnetz unterwegs", berichtet Eberhard Grammes, Vorsitzender der deutschen IBM-Anwendervereinigung Guideshare. Jedoch bemühe sich der Konzern nach wie vor, seine Klientel möglichst komplett zu versorgen. Dies habe für den Kunden zwar den Vorteil, sich nur noch mit einem Anbieter herumschlagen zu müssen. Andererseits gerate man dadurch in eine gewisse Abhängigkeit.

Komplettversorgung verringere die eigene Flexibilität, ergänzt ein anderer IBM-Kunde, der namentlich nicht genannt werden möchte. Seine Strategie ist es, die Herstellerabhängigkeit möglichst gering zu halten. Gerade im Softwarebereich müsse man darauf achten, ob die zu lizenzierenden Software-Features proprietär seien. In diesem Fall werde ein späterer Umstieg aufwändiger und teurer. Als Alternative empfiehlt der Anwender Open-Source-Produkte: "Hier erhalten wir besseren Support und geraten nicht in Abhängigkeit."