IBMs Einsegnung der Datensammelsysteme

01.08.1975

Nach einer brandneuen GMD-Statistik gab es am 25. Juli 75 in der Bundesrepublik 2339 Datensammelsysteme. Die Zuwachsraten sind beachtlich, - schon seit sechs Jahren.

Demgegenüber sind in der BRD rund 12 000 Universalrechner installiert. Frage also: "Warum nicht mehr DSS-Abschlüsse?"

Denn die Vorteile von Datensammelsystemen liegen auf der Hand: Leistungssteigerung der Datentypistinnen um etwa 25 Prozent, Wegfall der Lochkarten-Kosten, geringere Fehlereingaberate, größere Sicherheit gegen Datenmanipulation, weniger Personalaufwand beim Operating, schnellere Dateneingabe und damit Ersparnis an Computerzeit, Entlastung der Zentraleinheit von Formatprüfungen und Kontrollrechnungen und die höhere Attraktivität der Arbeitsplätze vor allem wegen der Geräuscharmut im Vergleich zu den strapaziösen Phon-Werten der mechanischen Locherei. Das alles ist längst bekannt und wird seit sechs Jahren propagiert, - der Markt reagierte nur zögernd.

Shared Processor Konzept

Jetzt aber kündigt die IBM das "Kommunikationssystem" 3790 an, -vielmehr verbesserte der Marktführer das "alte" 3790-System mittels Ersatz der teuren 3277-Bildschirme durch neue Bedienerplatze 3760 mit Gas-Plasma-Schirm. 24 Einzelplätze können an einen 3791-Controller (hardwaremäßig identisch mit dem System 32!) mit DFÜ-Adapter, Platte und Drucker (aber ohne Magnetband-Ausgabe!) angeschlossen werden. Preislich - so erste Analysen der Konkurrenz - liegt IBM traditionellerweise eher am oberen Ende der Preisskala, aber keineswegs wie die "alte" 3790 außerhalb des Wettbewerbs.

Zwarr ist das "Kommunikationssystem" kein "Datensammelsystem" - im alten Sinne - weil nämlich Stand-alone-Betrieb nicht vorgesehen ist und von der Platte nicht auf Magnetband sondern direkt in die Zentraleinheit überspielt wird. Dennoch, es handelt sich endlich um die Einsegnung des DSS-Shared Processor-Konzeptes durch den Marktführer. Die Mitbewerber freuen sich: Wenn IBM-Verkaufer das neue Produkt jetzt pushen, wird manche Vorentscheidung für ein Datensammelsystem zur Endentscheidung für die Konkurrenz. Zudem wird IBM dem gesamten Markt das Key-to-Disk-Verfahren preisen, aber nur der eigenen Kundenbasis verkaufen wollen.

Andererseits, die Nachteile des 3790-Systems (fehlende Magnetbandausgabe und damit erforderliche Online-Verbindung) werden wohl bald durch Anschluß von Disketten oder auch Bandstationen behoben sein. Denn es ist wenig wahrscheinlich, daß IBM seine 360-Kunden und System 3-Benutzer der Konkurrenz überlassen will. Im Gegenteil, die Mitbewerber - soweit Mainframer - werden sich wundern: denkbar ist durchaus die Online- oder Offline-lnstallation eines IBM 3790-Systems an Nicht-lBM-Zentraleinheiten.

Parallelen bei Terminals

Parallel zur Ankündigung des neuen 3790-Systems mit entsprechender Software für umfangreiche lokale Vorverarbeitung (verschiedene Drucker verfügbar) wurden für die 377O-Terminalfamilie neue intelligente Datenstationen 3773, 3774, 3775 vorgestellt mit 4 bis 22,5 K frei programmierbaren Hauptspeichern. Beide größeren Modelle haben zusätzlich eine feste 100 K Diskette bei beachtlicher Druckleistung.

Gleichzeitig - kaum überraschend - stellte IBM neue Kommunikations-Software vor, insbesondere das Multipoint Acces-Paket "Telecommunications Control System - Advanced Function, - ein weiterer Baustein für die Systems Network Architecture (SNA).

Und so weiter. Vor kurzem erst: das System 32 wird als Satellit in großen Netzen gepriesen.

Es ist ganz klar, IBM hat sich nach sehr langerre Zögern eindeutig, voll und ganz dem Konzept der dezentralisierten Intelligenz verschrieben Auch so erklärt sich, daß die Stufe "DSS alten Stils" übersprungen wurde und gleich ein weiterführendes Online-Kommunikationssystem für Datenerfassung mit intelligenter Vorverarbeitung angekündigt wurde.