IBMs Collaboration-Tool überzeugt

19.04.2005
Von Dr. Michael
"Workplace Services Express 2.0" ist für Teamarbeit im Mittelstand geeignet.

Vor zwei Jahren kündigte IBM erstmals eine neue, auf J2EE basierende Nachfolgetechnik für Lotus Notes und Domino an. Vor anderthalb Jahren wurde mit "Workplace Messaging" das erste Produkt der neuen Familie verfügbar. Im letzten Jahr kam eine verwirrende Vielfalt weiterer Workplace-Produkte hinzu, die sich durch einen hohen Hardwarebedarf und undurchsichtige Lizenzbedingungen auszeichnete. Mit Workplace Services Express (WSE) bietet IBM erstmals eine einfache Version der Workplace-Software, die vollständig auf einem Server lauffähig ist und pro Benutzer abgerechnet wird.

Auch für Lernzwecke

Workplace Services Express ist für kleine bis mittlere Unternehmen gedacht, eignet sich aber auch, um sich mit den Konzepten der Workplace-Produktfamilie vertraut zu machen. WSE basiert auf dem "Websphere Portal Server", die Grundlage von Workplace Services Express ist damit der J2EE-konforme "Websphere Application Server". Als Datenbank kommt die in Java geschriebene "Cloudscape" zum Einsatz. Der mitgelieferte LDAP-Verzeichnisdienst lässt sich über manuelle Installation durch ein externes Verzeichnis ersetzen. Der Instant-Messaging-Dienst von WSE implementiert den Standard Session Initiation Protocol (SIP) und bietet auch Chat und Screen Sharing, jedoch kein Application Sharing. Sie realisieren in Zusammenarbeit mit dem LDAP-Service die Funktionen "People Finder" und "Online Awareness".

Workplace Services Express enthält mit dem "Document Manager" eine der ersten Implementierungen des Standards JSR-170, der eine einheitliche Java-Programmier-Schnittstelle für Content-Repositories definiert. Die Anwendung bietet neben dem üblichen Checkin-/Checkout-Mechanismus auch Versionierung von Dokumenten, hierarchische Kommentare und einfache Workflows für Überarbeitungen. Neben einer engen Integration mit Microsoft Office stellt WSE auch Portlets zur Verfügung, die auf "Open Office" basieren. Sie können unter der Portaloberfläche Word-, Excel- und Powerpoint-Dokumente nicht nur öffnen, sondern ohne Qualitätsverlust auch verändern. Die Dokumentenbibliotheken lassen sich per Volltextrecherche durchsuchen, die auch externe Web-Seiten indizieren kann. Lediglich für E-Mail stellt WSE keine eigene Funktionalität zur Verfügung, sondern beschränkt sich auf Portlets, die bestehende Messaging-Systeme wie Lotus Notes oder Micorosoft Exchange integrieren können.

Bereits bei der Installation hinterlässt WSE einen guten Eindruck. Im Gegensatz zu der verwirrenden Konfigurationsvielfalt der bisherigen Workplace-Produkte installiert sich WSE fast von selbst. Lediglich der Name des Servers sowie der Name und das Passwort des Administrators müssen angegeben werden. Die endlose Suche in der inkonsistenten Dokumentation der bisherigen Workplace-Produkte entfällt.

Anpassung per Drag and Drop

Nach der Installation präsentiert sich Workplace aufgeräumt und ist einfach zu bedienen. Auffälligstes Merkmal der Portaloberfläche ist die Möglichkeit, die Anordnung der vorhandenen Komponenten per Drag and Drop zu verändern und neue aus einer Palette auf die gleiche Weise hinzuzufügen. Der Benutzer kann also sehr einfach seinen Workplace an seine individuellen Bedürfnisse anpassen und um weitere Seiten ergänzen.

Unter dem Reiter "TeamSpaces" findet sich die Möglichkeit, neue Anwendungen aus den mitgelieferten Schablonen zu erzeugen und gemeinsam mit anderen Benutzern zu verwenden. Etwas gewöhnungsbedürftig, insgesamt aber als recht hilfreich erweist sich die Eigenschaft der Web-Oberfläche, den Zustand der Interaktion auch nach einem Seitenwechsel zu erhalten. So kann man aufgabenorientiert arbeiten, auch wenn einmal etwas dazwischenkommt.

Die Anwendungsentwicklung in Workplace erfolgt ebenfalls per Drag and Drop. Solcherart angepasste Anwendungen können nach dem Vorbild von Lotus Notes als Schablonen anderen Benutzern zur Verfügung gestellt werden. So lassen sich aus den relativ einfachen mitgelieferten Schablonen komplexe Anwendungen für anspruchsvollere Aufgaben erstellen.

Mit Hilfe des Werkzeugs "Workplace Builder" können Schablonen auch neu erstellt werden. Sie setzen sich aus Seiten und Komponenten zusammen. Das Aussehen und Verhalten der Komponenten kann über Parameter beeinflusst werden. Innerhalb einer Schablone werden die Parameter der verwendeten Komponenten gemeinsam verwaltet, mit Vorbelegungen versehen und bei der Anwendungserstellung als veränderbar markiert. Für die Schablone lassen sich Rollen definieren, die der jeweiligen Aufgabe entsprechende Kombinationen von Rechten für die einzelnen Komponenten zuweisen. Wird aus einer Schablone eine Anwendung erzeugt, dann kann diese durch Parameterwerte und Rollenzuweisungen an Benutzer konfiguriert werden.

Überschaubare Administration

Die Administration von Workplace ist leistungsfähig, aber nicht unbedingt selbsterklärend. Gelingt nach einigem Suchen das Anlegen neuer Benutzer, dann bereitet die Zuordnung der passenden Rechte Kopfzerbrechen. Die Policy-basierende Administration von Workplace ist sehr mächtig, verlangt aber auch eine gewisse Vorüberlegung.

Die Benutzerschnittstelle bietet sowohl eine ressourcenbezogene wie auch eine personen- oder gruppenspezifische Zuordnung von Rechten und gibt keine Anhaltspunkte darüber, welche Option wann genutzt werden sollte. Ohne ein organisationsweites Konzept für die Rechtezuordnung besteht die Gefahr, dass die Zugriffsrechteverwaltung durch inkonsistente Nutzung überfrachtet wird.

Hat man einmal die passenden Policies definiert, lassen sich damit ganze Klassen von Benutzern verwalten. Nur die Ausnahmen von der Regel machen etwas mehr Arbeit. Bei richtiger Anwendung ist das Administrationskonzept von Workplace aber geeignet, um wie versprochen die Verwaltungskosten zu senken.

Insgesamt macht WSE einen sehr stabilen Eindruck. Nur manchmal hakt das Benutzer-Interface etwas, so dass zum Beispiel Icons nicht richtig dargestellt werden. Probleme traten im Test mit dem Workplace Builder auf. Wenn sich eine Schablone aufgrund eines Fehlers bei der Erstellung nicht fertigstellen ließ, konnte sie nachher nicht mehr zum bearbeiten geöffnet werden. (ws)