Produktlinien werden parallel geführt

IBMs AD/Cycle-Partner Easel und Enfin wollen fusionieren

14.08.1992

MÜNCHEN (qua) - Die Easel Corp. mit Sitz in Burlington, Massachusetts, will die im kalifornischen San Diego ansässige Enfin Software Corp. übernehmen. Beide Unternehmen sind Mitglieder der von IBM initiierten AD/Cycle-Allianz und offerieren Windows- sowie OS/2-gestützte Entwicklungswerkzeuge für Client-Server-Anwendungen mit grafischen Oberflächen.

Mit einem Jahresumsatz von etwa drei Millionen Dollar nimmt sich Enfin gegenüber Easel (Umsatz 1991: rund 28 Millionen Dollar) geradezu winzig aus. Von der Fusion mit dem größeren Unternehmen versprechen sich Chief Executive Officer Peter Eichhorst und seine 40 Mitarbeiter vor allem Hilfestellung bei Vertrieb und Marketing.

In technologischer Hinsicht haben die Kalifornier allerdings die interessanteren Produkte zu bieten: Während die "Easel Workbench" ihre Aufgabe mit Hilfe einer ereignisgesteuerten Sprache der vierten Generation löst, geben "Enfin/2" sowie die 32-Bit-Ausführung "Enfin/3" dem Entwickler ein Werkzeug an die Hand, mit dem er objektorientierte Funktionen wie Vererbung und Polymorphismus modellieren kann.

Daß der Objektorientierung die Zukunft gehört, bestätigt auch Ernst Kelting, Geschäftsführer des für Deutschland und die Schweiz zuständigen Easel-Distributors Aglais GmbH, Pinneberg.

Wie Kelting gleichzeitig konstatiert, weist die objektorientierte Technik derzeit allerdings noch Schwächen auf vor allem in den Bereichen Analyse und Design. Außerdem müsse der Kunde mit erhöhtem Schulungsaufwand rechnen, wenn er seinen Mitarbeitern die obiektorientierte Denkweise nahebringen wolle. Easel werde folglich neben den Enfin-Produkten auch die eigene "Workbench" weiterentwickeln. "Zumindest in den nächsten drei Jahren gibt es keinen Grund, das Easel-Produkt einzustampfen oder auf Eis zu legen", verspricht Kelting. Vielmehr würden die Produktlinien bis auf weiteres parallel geführt.

"Die beiden Sprachen zu mischen macht keinen Sinn", lautet der Kommentar des Easel-Vertriebspartners. Ein Synergieeffekt ergebe sich dennoch - beispielsweise dann, wenn Schnittstellen zu Third-Party-Systemen entwickelt würden.

Falls die Enfin-Aktionäre keine Einwände geltend machen, firmiert die kalifornische Softwareschmiede noch in diesem Monat unter der Bezeichnung Enfin Software Corp. (ETC) als hundertprozentige Easel-Tochter. Wie die deutschen Vertriebsrechte an den Easel- beziehungsweise Enfin-Produkten gehandhabt werden sollen, ist derzeit noch Gegenstand von Gesprächen zwischen Aglais und der Enfin GmbH, Stuttgart. Kelting wollte dazu bislang nur soviel sagen: Er halte es für wenig sinnvoll, zwei Vertriebsorganisationen nebeneinander bestehen zu lassen.