IBM zurückgestuft - alle DV-Anbieter ohne Topbonität

20.03.1992

IBMs Schuldverschreibungen haben ihr Triple-A-Rating (uneingeschränkte Sicherheit) bei Moody's Investors Service verloren: Die Herabstufung erfolgte um zwei Schritte auf AA2. Betroffen sind zirka 18 Milliarden Dollar Schuldverschreibungen. Seit die IBM 1979 erstmalig die Kreditmärkte anzapfte, war man auf die höchste Bonitätsstufe abonniert. Standard & Poors, neben Moody's und Value Line das bedeutendste US-Analystenhaus, hatte die Vorzeichen beim IBM-Rating bereits im vergangenen August negativ eingestuft.

Begründet wurde die Neueinschätzung des Ratings durch Moody's damit, daß sich die IBM-Kreditqualität langfristig durch die Veränderung der Anforderung des Marktes und eine Verschärfung des Wettbewerbs verschlechtern wird. Die Herabstufung erfolgte also nicht wegen aktueller Bonitätsverluste, sondern in Erwartung einer Verschlechterung der Wettbewerbsstellung und der Margen.

Der US-Aktienmarkt, dessen Aufgabe es eigentlich wäre, künftige Entwicklungen vorwegzunehmen, hat auf die Nachricht der Bonitätsherabstufung gelassen reagiert: Der IBM-Kurs gab nur um knapp einen auf 87 Dollar nach. Ähnlich ruhig reagierten die Rentenmärkte: Langlaufende IBM-Anleihen fielen lediglich um eines halben Prozentpunkt.

Mit IBM scheidet das letzte DV-Unternehmen aus der exklusiven Gruppe der mit AAA bewerteten US-Gesellschaften aus. Nur noch 13 amerikanische Unternehmen tragen das Moody's-Qualitätssiegel, darunter Exxon und General Electric. In der Börsengeschichte gibt es Beispiele dafür, daß mit Verlust des AAA-Ratings des führenden Blue Chips der Niedergang beziehungsweise die völlige Umstrukturierung einer Branche eingeläutet wurde. Dies war beispielsweise bei den US-Eisenbahngesellschaften der Fall. In der DV-Industrie ist der Umstrukturierungsprozeß nun bereits voll im Gange. Offen ist, ob IBM hier langfristig Schritt halten kann.

Noch im vierten Quartal 1991 traf IBM Vorsorge für eine weitere Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit.1992 sollen noch einmal 15 000 bis 20 000 Stellen im IBM-Konzern gestrichen werden. Durch die Schaffung unabhängiger Geschäftsbereiche (IBUs = Independent Business Units) soll gewährleistet werden, daß IBM zukünftig schneller auf die Anforderungen des Marktes reagieren kann. Die IBUs werden als Profitcenter geführt, und die Erfolgsbeteiligung des Managements soll an die Erfolge der IBUs geknüpft sein.

Während IBM in den 80er Jahren allmählich Terrain verloren hatte, könnte das Unternehmen in Zukunft von den eingegangenen Allianzen und seiner Position im RISC-Bereich profitieren. Wie der Zugang zu RISC-Prozessoren von der Branche strategisch beurteilt wird, zeigt das Übernahmeangebot von Silicon Graphics an Mips.

Hier scheint die IBM gut gerüstet zu sein. Die Gesamtmarktschwäche der letzten Tage in Wallstreet hat sich nicht mehr im IBM-Kurs niedergeschlagen. Als zyklischer Wert sollte IBM von der sich abzeichnenden US-Konjunkturerholung profitieren. Das Kauflimit ist bei 86 Dollar beziehungsweise 142 Mark anzusetzen.

*Arnd Wolpers ist Geschäftsführer der Vermögensverwaltungsgesellschaft CMW GmbH in München.