Komplettlösungen und Ethernet

IBM zeigt im Netzbereich wieder stärker Flagge

15.05.1998

Nachdem IBM unlängst seine Networking Hardware Division (NHD) umstrukturiert hat, will das Unternehmen nun mit einer neuen Strategie bestimmten Trends im Networking Rechnung tragen. Rocco Segreti, Vice-President Networking Sales für Europa, den Mittleren Osten und Afrika bei IBM, sieht bei den Kunden der Company einen "klaren Bedarf nach schnelleren Netzwerken". Daher sei es für IBM fast schon ein Muß, auch in puncto Gigabit Ethernet Flagge zu zeigen. Zum Ende dieses Jahres erweitert das Unternehmen sein Portfolio um Produkte für das schnelle Übertragungsverfahren. Dabei läßt der Hersteller seine Kunden nicht im Regen stehen, was vorhandene Installationen angeht. Die angekündigten Gigabit-Adapterkarten beispielsweise sollen sich in vorhandenen Switch-Chassis betreiben lassen. Probleme mit der Backplane-Kapazität der Geräte sehen die IBM-Techniker dabei zumindest momentan nicht. Engpässe könne es lediglich dann geben, wenn ein Gerät vollständig mit Gigabit-Ethernet-Modulen ausgerüstet sei. Für solche Fälle will Big Blue bereits 1999 entsprechend verbesserte Switch-Gehäuse anbieten.

Koexistenz von ATM und Gigabit

Nachdem IBM sich lange Zeit für den Einsatz von ATM stark gemacht hat, hält sich die NHD nun vornehm aus der Diskussion ATM versus Gigabit Ethernet heraus und läßt den Anwendern die Wahl: "Wir hüten uns davor, für die Anwender zwischen ATM und Gigabit Ethernet zu entscheiden. Wir bieten beide Techno- logien und geben unseren Kunden das, was sie jeweils brauchen", betont Bob Greenberg, Business Manager Enterprise Networks. Ähnlich wie Bay Networks setzt auch Big Blue auf die Kombina- tion der beiden Welten. Hybride Switches etwa, die mit beiden Technologien zurechtkommen, könnten die Lösung dieses heiß diskutierten Problems sein.

Dementsprechend fährt IBM auch bei der Weiterentwicklung von Übertragungstechniken mehrgleisig. Die NHD splittet ihre Anstrengungen auf diesem Gebiet eigenen Aussagen zufolge annähernd gleichmäßig zwischen den Bereichen Ethernet-Technologien (Ethernet, Fast Ethernet, Gigabit Ethernet), ATM sowie SNA/ Token Ring auf. Dabei betont Big Blue die wachsende Bedeutung der Ethernet-Techniken für das Unternehmen. "Wir wollen aggressiv in das Ethernet-Switching einsteigen", kommentiert Don Haile, Vice-President Networking Hardware Development (NHD), die neue Marschrichtung. Damit trägt IBM einer generellen Marktentwicklung Rechnung. Fast Ethernet, das glauben auch die Analysten von IDC, wird bis 2001 andere Client-Technologien weitgehend vom Markt verdrängen.

Verantwortung zeigt IBM gegenüber den Anwendern von älteren Technologien wie Systems Network Architecture (SNA) und Token Ring. Diese kann und will Big Blue nicht aus dem Programm nehmen. SNA beispielsweise sei wichtig, weil es sich dabei um eine ausgereifte Technik handele, die zudem noch sehr weit verbreitet ist. Auch das Token-Ring-Geschäft erweise sich noch immer als stabil, das Übertragungsverfahren sei keineswegs tot. IBM erwartet eigenen Angaben zufolge sogar "signifikante Zuwächse" in diesem Segment. Neben Preissenkungen hat Big Blue für den Herbst 1998 daher auch Produkte für die Bereiche Server und Backbone angekündigt, die das neue Verfahren High Speed Token Ring unterstützen.

Den Bedürfnissen der Anwender gedenkt IBM aber in Zukunft nicht mehr nur mit einzelnen Produkten zu entsprechen, sondern zunehmend vor allem über Lösungen, die die Company möglichst "schlüsselfertig" liefern will. Manager Greenberg resümiert: "Die Entscheider verlangen nach Lösungen. Solange die gelieferte Ausrüstung funktioniert und die gewünschte Leistung erbringt, interessieren sie sich nicht für die technischen Details." Der Vorteil des Bündelns bestehe unter anderem darin, daß Anwender Komponenten für eine bestimmte Netzumgebung nicht mühsam selber zusammensuchen müssen. Daher sieht Big Blue solche "Komplettangebote" einerseits als einen Mehrwert für die Kunden, darüber hinaus aber auch als eine Chance, um sich von der Konkurrenz abzuheben.

Einen der Bereiche, in dem sich Big Blue durch solche Lösungen einen Vorteil verschaffen will, stellt das sogenannte "E-Business" dar. Darunter sind Komplettangebote zu verstehen, die Anwendern das Abwickeln ihrer Geschäfte via Internet ermöglichen sollen. Nach Angaben von IBM decken die Pakete unter anderem die Bereiche E-Mail und Zusammenarbeit, E-Commerce, Web-Application-Server, Zahlungssysteme, Lieferketten und Kundenbetreuung ab.