Künftig Gewinnbeteiligung statt fester Raten?

IBM will Outsourcing-Projekte anders als bisher akzentuieren

16.12.1998
MÜNCHEN (gh) - IBM definiert das Outsourcing (wieder einmal) neu. Dies betonte Ernst Koller, neuer Geschäftsführer der IBM Deutschland Informationssysteme GmbH, bei seinem ersten Auftritt vor Journalisten. Demnach will Big Blue künftig verstärkt auf das strategische Outsourcing setzen. Konkret geht es dabei um die Auslagerung von Geschäftsprozessen mit einem Mehrwert, der über den reinen Kostenaspekt hinausgeht.

"Es ist durchaus möglich, daß das Thema Outsourcing in den vergangenen Jahren in all seinen Facetten nicht hinreichend genug im Markt kommuniziert wurde." Mit diesem Statement begründete Koller eine neue Marketing-Offensive seiner Company. Der gebürtige Schweizer, seit Oktober Nachfolger von Willi Berchtold als Chef der IBM Deutschland Informationssysteme GmbH und zugleich für Deutschland, die Schweiz, Österreich und Osteuropa zuständiger General Manager IBM Global Services, erklärte so aber auch die gemischten Gefühle, mit denen viele Anwender dem "IT-Klassiker" begegnen. Zumal sich das IT-Management in den Unternehmen angesichts großer Aufgaben wie Euro, Jahr 2000 und E-Commerce sowie dem eklatanten Fachkräftemangel mehr denn je mit diesem Thema auseinandersetzen muß.

Drei von vier Outsourcing-Projekten scheitern - jedenfalls gemessen am Ziel einer nachhaltigen Kosteneinsparung, betonten unlängst wieder Marktforschungsunternehmen wie Gartner und Input. Eine Behauptung, die Koller so nicht gelten lassen wollte. "Manche Kunden haben über das Finanzielle hinaus einen Mehrwert erwartet", interpretierte er eine "da und dort vorhandene Unzufriedenheit". Eine Aussage, über die sich trefflich diskutieren ließe, war doch die Kostensenkung jahrelang eines der Hauptargumente der großen Outsourcing-Dienstleister - Big Blue inklusive. Hinzu kamen zuletzt Trends wie partielles Outsourcing. Dieses wandelt die IBM jetzt ab. Unter dem Etikett "strategisches Outsourcing" soll die klassische Auslagerung des Rechenzentrums endgültig der Vergangenheit angehören; die Verbesserung der Wertschöpfungskette des jeweiligen Anwenderunternehmens, also der einzelnen Geschäftsprozesse, dafür in den Vordergrund rücken.

Der IBM-Manager nannte als Beispiele die Abwicklung aller E-Business-Aktivitäten oder das Kunden- und Vertriebs-Management - und den Bereich Back-Office/Standardsoftware. Hier habe sein Unternehmen erst kürzlich mit dem Angebot "SAP aus der Steckdose" ein speziell auf mittelständische Firmen abzielendes R/3-Outsourcing-Programm aufgelegt. Mit welchen Partnern Big Blue im Zweifel sein Bestreben, für jede Geschäftsprozeß-Auslagerung - beispielsweise im Front-Office-Bereich - ein passendes Mittel zu haben, realisiert, wollte Koller nicht im einzelnen kommentieren. Grundsätzlich gelte, daß die IBM Global Services "nicht die Vertriebsmannschaft der eigenen Software- und Hardware-Division" sind.

Die Anwender dürfen gespannt sein. So richtig neu klang das alles jedenfalls nicht. Bemerkenswert waren aber zwei andere Aussagen Kollers. Erstens: Die Outsourcing-Kunden von IBM sind zufrieden. Rund 40 Prozent aller von Big Blue weltweit betreuten Firmen würden ein zweites Mal unterschreiben. Generell gehe jedoch der Trend zu kürzeren Vertragslaufzeiten; der Durchschnitt liege heute zwischen vier und fünf Jahren. Zweitens: Man denkt derzeit bei der IBM über andere Vertragsmodalitäten nach - insbesondere in puncto Bezahlung. Wo es eine "Win-win-Situation" gebe, könne man sich anstelle fester Raten künftig auch eine Beteiligung an der "meßbaren Geschäftsprozeß-Optimierung", also am zusätzlichen Gewinn, vorstellen, betonte Koller.

In puncto weiterer Marktentwicklung zeigte sich der Manager optimistisch. IBM gehe davon aus, daß bis 2001 rund 90 Prozent aller europäischen Unternehmen zumindest Teile ihrer IT an einen Dienstleister auslagern. Der weltweite Outsourcing-Markt wachse derzeit jährlich zwischen 30 und 40 Prozent. Allein in den ersten drei Quartalen 1998 habe IBM Global Services in Sachen Outsourcing Neugeschäfte mit einem Vertragsvolumen von über 20 Milliarden Dollar abschließen können - darunter spektakuläre Deals wie das Abkommen mit der britischen Telefongesellschaft Cable & Wireless. Wichtig für Koller ist dabei der angebliche Bewußtseinswandel bei den Anwendern: "Die Kunden fragen heute nicht mehr, kannst du es billiger, sondern besser machen."