Die Verzögerung beim 3390-Laufwerk ist schuld

IBM verdiente weniger und streicht US-Stellen

06.10.1989

ARMONK/MÜNCHEN (vwd/ CW) Das dritte Quartal des laufenden IBM-Geschäftsjahres enttäuschte: Die Gewinnerwartungen pro Aktie, so Präsident John Akers, werden auf 1,40 bis 1,80 US-Dollar nach unten revidiert werden müssen. Noch kürzlich hatte Wall Street 2,10 bis 2,30 US-Dollar Dividende für das Vierteljahr erwartet.

Nach den 2,10 US Dollar im Vorjahreszeitraum müssen die Aktionäre demnach mit einem Gewinnrückgang von bis zu 33 Prozent rechnen. Die Jahresprofiterwartung von 10 bis 10.50 US-Dollar je Anteil ist deshalb nach Akers' Worten wahrscheinlich UM einen halben US-Dollar zu hoch angesetzt.

Die Reaktionen waren entsprechend: Kurz nach Börsenbeginn fiel die IBM-Aktie um vier Prozent und hatte mittags 5,50 US-Dollar verloren.

Mit den verbleibenden 112 US-Dollar lag der Wert freilich noch zehn Prozent über dem absoluten Tiefpunkt während des 1987er Börsenkrachs. IBM-Kunden und Marktbeobachter geben sich dennoch vergleichsweise optimistisch; Bob Djurdjevic von Annex Research, Phoenix, Arizona: "Die Börse ist kaum ein verläßlicher Gradmesser dafür, was wirklich mit den Unternehmen los ist."

IS-Manager Leonard Hendrickson von American Brand, Connecticut, hält das Ganze für einen typischen Fall von zyklischem Geschäftsereignis; er und seine Abteilung seien vom Tagesgeschäft des Hard- und Softwarelieferanten nicht betroffen, obwohl 95 Prozent aller Systeme von IBM stammten.

IBM-Präsident Akers führt den Gewinnrückgang auf den stabilen Dollarkurs, der die über 50 Prozent des Übersee-Geschäfts beschneidet, und auf zwei weitere Faktoren zurück: Die Kosten der Einführung neuer Produkte lägen über der erwarteten Höhe, und IBM-Kunden würden zunehmend Computer leasen, statt sie zu kaufen. Überdies halten Analysten es für möglich, daß die Kunden auf den versprochenen IBM-Großrechner der nächsten Generation, Codename "Summit", warten, was die Verkaufszahlen dieses Jahres auf einem gewissen Level einfröre.

Die erwähnten Produkt-Einführungskosten sind in diesem Fall eher die Kosten einer Nichteinführung: Das für Juli angekündigte Plattenlaufwerk für den 3390-Mainframe ist auf den Beginn des kommenden Jahres verschoben worden, was IBM nach der Einschätzung von Industrie-Analysten im laufenden Geschäftsjahr 1,5 Milliarden US-Dollar Umsatzverlust einbringen wird.

Leasing drückt die aktuellen Profite

Auch für den Trend zum Leasing wird die Verspätung des 3390-Laufwerkes verantwortlich gemacht: "IBM hat zwar aggressive Leasingkontrakte, aber auch nicht mehr als im letzten Jahr. Das (die Leasingtendenz, Red.) geht eher von Usern aus, die sich mit Fragen von Produktzyklen und mit dem Laufwerksproblem befassen", sagt Stephen K. Smith vom Beratungsunternehmen Paine Webber Inc. und findet diese Tendenz beunruhigend. Im Gegensatz dazu sieht Analyst Timothy Summers von Smith Barney, Harris Upham & Co. keinen Grund zur Panik. Am Ende eines Produktzyklus bekämen Leasingaktivitäten immer ein Übergewicht über Käufe, und im Fall IBM gingen mit Plattenlaufwerken und Mainframes sogar zwei Produktzyklen zu Ende, stellt er fest.

Peter Thonis, Sprecher von Big Blue, gesteht Fehler im Timing ein: "Einige der Dinge, die im Zusammenhang mit Produkteinführungen geschehen sind, wären besser nicht geschehen." Dennoch sieht IBM mittelbis langfristig den Leasingtrend eher positiv. Zwar würden die aktuellen Profite beschnitten, die Umsatz- und Gewinnzahlen aber nur in die Zukunft verschoben. Thonis: "Wir sind in einem Langzeitgeschäft."

Unterdessen wurde bekannt, daß IBM zum dritten Mal in den vergangenen drei Jahren Stellen kürzen will. Einen Tag nach der Bekanntgabe der schlechten Quartalserwartung sei den 23 000

Mitarbeitern von vier Produktionsstätten in den USA, so das Wall Street Journal, angeboten worden, für eine Prämie in Höhe eines Wochenlohns für jedes halbe Jahr Beschäftigungsdauer zu kündigen; die Prämie soll aber höchstens ein Jahresge-

Vorerst sollen 1000 Mitarbeiter gehen

halt betragen. Traditionell entlassen die Armonker keine Mitarbeiter, die jetzt angebotene Ausstiegsprämie ist jedoch viel geringer als die vorangegangenen; dennoch hofft IBM, so ein Sprecher, daß 600 bis 1000 Angestellte und Arbeiter auf das Angebot eingehen werden.

Analyst Jay Stevens von der Beratungsfirma Dean Witter erwartet, daß IBM in den kommenden Monaten noch weiteren der weltweit 387000 Arbeitern und Angestellten den prämierten Ausstieg aus dem Beschäftigungsverhältnis anbieten wird, um den Forderungen nach Kostenreduzierung nachzukommen.