Längst fällige Gemeinschaftsarbeit

IBM und SAP portieren R/3-Prozesse auf Mainframes

07.05.1999
MÜNCHEN (ue) - Die auf IBM-Architekturen spezialisierte Benutzervereinigung Guide Share Europe (GSE) hat sich bei Big Blue und SAP durchgesetzt. Beide Hersteller kommen nun der Forderung nach, die Mainframes der S/390-Familie außer als Datenbank-Server auch als Applikationsplattform für R/3 zur Verfügung zu stellen.

Weshalb die beiden Branchengrößen erst jetzt auf die schon seit längerem geäußerten Portierungswünsche der Anwender reagieren, wird nur unzureichend beantwortet. Das Potential der Nachfrage und die Anforderungen der Benutzer an das System seien lange Zeit unklar gewesen, so die Argumente. Dagegen spricht, daß es den R/3-Datenbank-Server für IBMs Mainframe immerhin schon seit September 1997 gibt und mittlerweile über 300 Lizenzen weltweit verkauft wurden - rund 50 Prozent davon im deutschsprachigen Raum. Der Stein kam offensichtlich erst ins Rollen, als die GSE im November vergangenen Jahres ihre Forderung nachdrücklich wiederholte und dem Argument der geringen Nachfrage gleich mehrere Interessenten entgegenstellte.

Hochverfügbarkeit für R/3-Workloads

Die nun offiziell angekündigte Portierung von R/3-Applikationsfunktionen auf die Unix-Services von S/390 ist eine gemeinsame Entwicklung von SAP und IBM und soll im vierten Quartal dieses Jahres zur ersten Auslieferung führen. Geplant ist, daß sämtliche Basisprozesse von R/3 samt den von SAP angebotenen APIs auf OS/390 zur Verfügung stehen.

Ihre Ankündigung begleiten die Hersteller mit den nicht erst seit letztem November bekannten Argumenten zur Leistungsfähigkeit des Großrechners sowie der Sparpotentiale durch Server-Konsolidierung. S/390 soll für die Message-Enqueue-Services (zentrale Instanz) von R/3 eine weitaus höhere Ausfallsicherheit und damit Verfügbarkeit gewährleisten, als dies bei Unix- und NT-Systemen der Fall ist.

Als Zielgruppe nennt IBM Unternehmen, deren datenintensive Anwendungen eine hohe Rechenlast zwischen Datenbank- und Applikations-Server erzeugen. Derartige R/3-Workloads etwa für Batch-Prozesse seien mit deutlich höherer Performance möglich, wenn Datenbank und Applikation in einer logischen Partition der Parallel-Sysplex-Umgebung von S/390 ablaufen. Damit wolle man jedoch keineswegs Unix- und NT-Server ins Abseits stellen, heißt es bei IBM. Einfache Dialogprozesse zwischen Präsentations- und Applikationsebene etwa seien dort kostengünstiger aufgehoben und an S/390 anschließbar. Für Christoph Laube, Region Manager der GSE in Deutschland, wurde es höchste Zeit für die Portierungszusage. Sie biete allen 390-Kunden, die mit R/3 liebäugeln, eine Alternative zum administrationsaufwendigen Server-Park unter Unix und NT. Von Vorteil sei auch, daß MVS-Anwender ohnehin schon über die Voraussetzungen bei Hardware und Betriebssystem verfügen, also nur noch R/3 anschaffen oder migrieren müßten.

Eine besonders elegante Lösung kann sich Laube in einem Paket vorstellen, das aus "Auto-Unix" als einem weitgehend automatisierten OS/390 und R/3 besteht. Dies würde selbst der VSE-Klientel, die noch R/2 einsetzt, einen zumindest in bezug auf die Plattform vergleichsweise einfachen Migrationspfad weisen. Dazu sei aber erst noch der Anpassungsbedarf zwischen Auto-Unix und R/3 zu klären.