IBM- und Apple-Betriebssysteme vor dem Ende? Dataquest: Windows 95 macht OS/2 den Garaus

21.04.1995

SAN MATEO/BOSTON (IDG) - Schlechte Zukunftsaussichten prophezeit das Marktforschungsinstitut Dataquest den Betriebssystemen OS/2 und Mac-OS: Einer Vorhersage des Analystenteams zufolge wird Windows 95 OS/2 von der IBM bereits im kommenden Jahr vom Markt fegen. Apples Betriebssystem sei dazu verurteilt, mit fuenf Prozent Marktanteil ein klaegliches Dasein zu fristen.

Big Blue wird 1996 das OS/2-Betriebssystem einstellen, weil das Produkt schlichtweg nicht mehr die Kosten deckt, lautet die gewagte Prognose von Dataquest-Analyst Rob Enderle. "Die IBM hat in Sachen Marketing oder Kundenwuensche einfach keine Perspektive", stellte Enderle fest. Windows 95 werde demnach das endgueltige Aus fuer OS/2 bedeuten. Bereits fuer das vierte Quartal des laufenden Jahres erwartet Dataquest fast 34 Millionen Anwender von Microsofts

32-Bit-Betriebssystem. Waehrend es den Experten zufolge noch an OS/2-Applikationen mangele, seien bereits Tausende Windows-95- Anwendungen in Vorbereitung.

Fuer die IBM selbst ist ein reduziertes OS/2-Engagement offiziell allerdings kein Thema. So gebe es nach Informationen von Big Blue rund 2500 reine OS/2-Applikationen sowohl fuer die Desktop- als auch fuer die Server-Variante des Betriebssystems. Heftig widerspricht die IBM auch den Befuerchtungen mancher Marktbeobachter, kuenftige Windows-Programme liessen sich nicht mehr unter OS/2 einsetzen. Big-Blue-Marketiers seien sich sicher, ueber kurz oder lang einen Weg aus dieser Problematik zu finden.

Einen ersten Schritt aus der

Misere plant der DV-Riese aus Armonk, der bislang bereits ueber zwei Milliarden Dollar in die OS/2-Entwicklung gesteckt hat, im Moment: Um die Verbreitung des Betriebssystems voranzutreiben, beabsichtigt die IBM, Ende dieses Jahres ein Set von Win-32-APIs in ihr OS/2-Warp-Developers-Kit zu integrieren.

Schwarz sehen die Dataquest-Marktforscher jedoch nicht nur fuer OS/2. Auch das Apple-Betriebssystem hat, so die Experten, mit der Verfuegbarkeit von Windows 95 einen schweren Stand. Der Marktanteil des Mac-OS wird in den kommenden fuenf Jahren um die Haelfte auf rund fuenf Prozent absacken, so die Studie der Analysten.

Apple muss um seine Entwickler fuerchten

Apple bleibe auch kuenftig nichts anderes uebrig, als zuzusehen, wie unabhaengige Software-Anbieter und Entwickler scharenweise auf die Windows-Plattform migrierten. Waehrend Branchenbeobachter den trueben OS/2-Prognosen von Dataquest mehrheitlich zustimmen, teilen andere die pessimistischen Ansichten ueber die Zukunft des Mac- Betriebssystems nicht. Zumindest auf dem US-Heimmarkt, ist beispielsweise Tim Bajarin, President von Creative Strategies, San Jose, Kalifornien, ueberzeugt, koennte das Mac-OS durchaus noch eine wichtige Rolle spielen. Auch Marc Waterman vom Marktforschungsunternehmen Waterman Associates sieht eine Perspektive fuer das Macintosh-System: Durch die Power-PC-Plattform werde die Popularitaet von Apples Rechner zweifelsohne wieder steigen.