Outsourcing-Aufgaben bescheren Big Blue eine weitere Tochtergesellschaft

IBM uebernimmt Rechenzentrum und 20 Mitarbeiter von Kodak

19.11.1993

STUTTGART - Die deutsche Tochter der Eastman Kodak beschreitet den gleichen Weg wie ihre Muttergesellschaft: Bereits 1989 startete das Unternehmen als erster Grosskonzern ein Outsourcing-Projekt. Die Kodak AG in Stuttgart uebertraegt nun ebenso die Verantwortung fuer ihren IBM-Mainframe einem externen Dienstleister.

Zunaechst einmal bis zum Jahr 2000 wird die IBM das Stuttgarter Kodak-Rechenzentrum betreiben und die Grossrechnerleistung weiteren Kunden zur Nutzung anbieten. Die Betreuung uebernimmt die im Juli von Big Blue gegruendete Informationssysteme-, Beratungs- und Outsourcing mbH (IBO). 100prozentiger Eigner ist die IBM Deutschland Systeme und Netze GmbH.

Die DV-Installation bei Kodak umfasst einen IBM-Mainframe 9021-500 mit zirka 1500 Endgeraeten wie Terminals, PCs und Drukkern. Als Datenbanken werden CICS-VSAM, DL/1 und DB2 verwendet. Auf dem Mainframe laufen ueberwiegend SAP-Anwendungen sowie unternehmensspezifische Eigenentwicklungen.

Die Vereinbarung umfasst nur den IBM-Grossrechner - Anwendungsentwicklung und Telekommunikation bleiben in den Haenden der Kodak-DV-Abteilung. Von ehemals 150 Mitarbeitern in der Abteilung Organisation und Datenverarbeitung wechselten 20 den Arbeitgeber. Drei DV-Experten, die weiterhin auf der Gehaltsliste des Foto- und Kopiererkonzerns stehen, arbeiten noch im Rechenzentrum. Ihnen faellt die Aufgabe des Relationship- Managements zu. Dazu zaehlt die Hardware-, Software- und Applikationsplanung mit der IBM, die Ueberpruefung der Vertragsbedingungen sowie die Rechnungsstellung.

Als Grund fuer die Auslagerung nannte Wolfgang Bauer, Leiter der Organisation und Datenverarbeitung bei Kodak, Rationalisierungseffekte und Leistungsoptimierung. Das Rechenzentrum entspreche durchaus dem State of the art. Benchmark- Tests haetten der DV-Installation gute Werte bescheinigt - und gerade das sei ein weiterer Grund dafuer gewesen, den Mainframe der IBM zu ueberantworten.

Die RZ-Kapazitaet werden auch weitere Kunden nutzen

Der Org./DV-Chef nennt Probleme mit der Auslastung als Outsourcing-Grund: "Die Kapazitaet kann von Kodak nur dann ausgenutzt werden, wenn ein weiterer Bedarf entsteht. Diesen Zuwachs haben wir nicht." Schliesslich seien fast alle SAP- Anwendungen bereits auf dem Rechner installiert. Im Bereich der Eigenentwicklung wuerden zwar weitere Projekte beispielsweise in der Logistik verfolgt, doch Wachstumsraten von 30 bis 40 Prozent gehoerten der Vergangenheit an.

Nicht zuletzt deshalb werde die IBO ihre RZ-Kapazitaeten weiteren Kunden zur Nutzung anbieten. Dabei garantiert die IBM-Tochter Kodak uneingeschraenkten Zugriff auf die 9021-Maschine. 24 Stunden taeglich an sieben Tagen in der Woche kann der ehemalige Mainframe- Eigner seine eigenen Grossrechnerapplikationen fahren. Selbst bei Spitzenbedarf steht Kodak uneingeschraenkt die erforderliche Mainframe-Leistung zur Verfuegung. Der Vertrag zwischen den Partnern ist dementsprechend dynamisch gestaltet.

Sorgen um eine moegliche Abhaengigkeit vom DV-Giganten plagen Bauer nicht. Die Erfahrungen der Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen seien positiv zu bewerten. Zudem sei der Vertrag zunaechst auf sechs Jahre begrenzt. "Man legt sich nicht fuer alle Ewigkeit fest", erklaerte Bauer, "damit man wenigstens de jure nach Vertragsablauf die Sache wieder zuruecknehmen kann." Der Vertrag verlaengere sich automatisch - so ihn nicht einer der Partner fristgerecht kuendige.

Bei allem Vertrauen sicherten sich die Stuttgarter bezueglich des Datenschutzes und der Eigentumsfrage der auf dem Rechner liegenden Applikationen ab: Unternehmenskritische Daten, Teile des Betriebssystems und Grossrechneranwendungen gehoeren im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) der Kodak AG. Der Zugriff auf Informationen ist ueber einen Passwortschutz geregelt. Die Administration der Zugriffsrechte verbleibt beim Dateneigentuemer und wird ueber das Sicherheitspaket RACF verwaltet.

Das Serviceangebot der IBM umfasst im Vertrag ein eigenes, umfangreiches Kapitel. Neben der Verfuegbarkeit sind darin Abmachungen wie die Weiterentwicklung und Pflege des Systems sowie bestimmte Reaktionszeiten im Fehlerfall definiert.