Neue Hard- und Software

IBM startet Offensive bei Highend-Systemen

12.11.2012
Von 
Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.
Big Blue kündigt neue Hardware und Software für die Power-Systems an. Verbesserte Speichersysteme für das Highend und neue Software für die aktuelle Mainframe-Generation runden die Produktoffensive ab.

Die Power-Server 770 und 780 nutzen den neuen Mikroprozessor Power 7+. Diese CPU bringt laut IBM "bei vielen Workloads" eine Leistungssteigerung von bis zu 40 Prozent gegenüber den Vorgängermodellen. Der neue Prozessor enthält einen 2,5-fach erweiterten Level3-Cache-Memory, schnellere Dateiverschlüsselung für das AIX-Betriebssystem und Hauptspeicherkompression. Der Energieverbrauch des Chips sei gegenüber der vorherigen Generation der Power-7-Chips unverändert.

Platz- und Energieverbrauch besser

Am oberen Ende der Power-Produktlinie wurde das System "Power 795" verbessert. Unter anderem können bis zu 16 TB Hauptspeicher mit neuen 64-GB-Dual-In-Line-Memory-Modulen zum Einsatz kommen.

Für die Power-7-Server bietet IBM ferner neue Möglichkeiten, virtualisierte Private Clouds oder Managed-Services-Cloud-Infrastrukturen besser zu unterstützen. So sollen Anwender dynamisch auf Veränderungen in den Anwendungs- und Workload-Anforderungen reagieren können. Das Feature "Elastic Capacity on Demand for Power Systems Pools" etwa erlaubt es, Ressourcen über multiple Server zu verteilen. Das soll die Verfügbarkeit erhöhen. Darüber hinaus ermöglicht es IBM zufolge den Zugang zu Ressourcen auch während geplanter und ungeplanter Wartungsaktivitäten. Die Effizienz beim Platz- und Energieverbrauch ließe sich um bis zu 56 Prozent verbessern, wirbt Big Blue.

Wird eine Cloud-basierende Infrastruktur mit IBMs "PowerVM"-Virtualisierungssoftware verwaltet, lassen sich individuelle Serverpartitionen jetzt leichter verschieben. Einzelne virtuelle Maschinen können bis zu dreimal schneller verteilt werden. Finden gleichzeitig Migrationen statt, so sind diese gegenüber früheren Versionen bis zu 4,7-mal schneller zu bewerkstelligen.

Neue Storage-Systeme

IBMs Storage-System "DS8870" ist jetzt das neueste und leistungsstärkste Mitglied der "DS8000"-Familie der "High-Density"-Enterprise-Speichersysteme. Die bis zu dreimal höhere Leistung resultiert zum einen aus dem Einsatz des Power-7-Prozessors. Zum anderen bringt der bis zu ein TB große Systemcache die DS8870 auf Touren. Außerdem bietet das neue Speichersystem standardmäßig selbstverschlüsselnde Laufwerke. Diese erhöhen die Sicherheit zusätzlich. Im Vergleich zum Vorgängermodell verbraucht das neue System laut Unternehmensangaben bis zu 30 Prozent weniger Energie. Die DS8870 erfüllt darüber hinaus die RoHS-II-Compliance-Richtlinien.

Das Speichersystem "XIV G3 Entry" zielt auf kleinere Kunden, die zwar Leistungs- sowie Verfügbarkeitscharakteristika des "XIV"-Speichersystems nutzen wollen, aber nicht die hohe Skalierbarkeit der größeren Modelle benötigen. Eine neue MultiManagement-Software hilft, mehrere XIV-Systeme wie ein System zu betreiben und zu verwalten. Ebenfalls neu ist der "OpenStack-Nova"-Treiber für einfache Speicherprovisionierung in der Cloud.

Bandspeicher überarbeitet

IBM hat zudem das Bandspeichersystem "TS7700 Enterprise Virtual Tape Library System 3.0" überarbeitet. Es kombiniert Virtualisierung und Magnetbandspeicher miteinander. Die TS7700 wird typischerweise in Unternehmen eingesetzt, die Mainframes in Betrieb haben. Administratoren können ihre Tape-Speichersysteme virtualisieren und damit die Verwaltbarkeit, Kapazität und Sicherheit verbessern. Version 3.0 verbessert die End-to-End-Verschlüsselung und bietet die Option, bis zu sechs TS7700 in einer Grid-Architektur miteinander zu verbinden. Das erhöht den schnellen Zugang zu Informationen und verbessert Redundanzfunktionen.

Neues bei Großrechnern

Mit der neuen IBM DB2 Analytics Accelerator V3 Appliance gelingt es laut IBM einfacher und wirtschaftlicher, Analysen auf dem Mainframe zu betreiben. Die Notwendigkeit, Daten auf Großrechnerlaufwerken zu speichern, reduziert sich um bis zu 90 Prozent. Letztendlich, so das Versprechen, trägt dies dazu bei, die Speicherkosten erheblich zu senken.

CICS und Cloud

IBM kündigte ferner an, dass Mainframe-Kunden mit großen CICS-Transaktionsvolumen künftig Private Clouds bauen können. Der populäre Transaktionsmonitor unterstütze jetzt die Entwicklung, Bereitstellung und den Betrieb von Clouds. Anwender von zEnterprise-Mainframes können demnach mit dem neuen CICS-5.1-Portfolio interaktive Anwendungen wie Finanz- und Versicherungsanwendungen oder auch die Software von Bankautomaten über die Cloud nutzen.

Kontrolle ist gut

Die IBM "Security zSecure Suite" in der Version V1.31.1 überwacht auffällige Aktivitäten und soll so präventiv dafür sorgen, dass Systeme gar nicht erst durch Angriffe in Gefahr geraten. Sie prüft das System auf Bedrohungen durch Real-Time-Alerts und analysiert das Netzverhalten. Diese Funktion ist insofern von Bedeutung, als mit ihr Compliance Policies besser eingehalten werden können. Auch lassen sich so relativ einfach Security Audits realisieren. Hier ist zudem die Integration der Suite mit dem Tool "QRadar SIEM" (SIEM = Security Information und Event Management) zu erwähnen. Es erlaubt ein unternehmensweites Sicherheits-Monitoring.

Konzentration im Unix-Markt?

Wenn Experton-Analyst Wolfgang Schwab recht behält, wird der Unix-Markt in vier bis fünf Jahren nur noch einen Anbieter kennen: IBM.
Wenn Experton-Analyst Wolfgang Schwab recht behält, wird der Unix-Markt in vier bis fünf Jahren nur noch einen Anbieter kennen: IBM.

In einer Research Note, die das Marktforschungs- und Beratungshaus Experton Group eine Woche vor der Power-7-Ankündigung veröffentlichte, findet Analyst Wolfgang Schwab deutliche Worte zum Unix-Markt. Seiner Einschätzung nach wird sich dieser "in den nächsten vier bis fünf Jahren massiv konsolidieren". Die Experton Group geht davon aus, dass es letztendlich "nur noch einen Anbieter von Unix-Systemen" gebe, "nämlich IBM".

Über einen langen Zeitraum habe sich der Unix-Server-Markt in Europa in einem relativen Gleichgewicht befunden. Neben drei relevante Betriebssystemen - AIX, HP/UX, Solaris - seien vier relevanteServer-Anbieter auf dem Markt aufgetreten: IBM, HP, Sun und Fujitsu. Das habe "genug Auswahl und Wettbewerb für den Anwender" bedeutet. Begründung für die gewagte, aber doch nachvollziehbare These des IBM-Monopols: Intel werde sich mangels Masse aus dem Itanium-Geschäft zurückziehen. HP werde kaum einen weiteren Versuch unternehmen, in einem rückläufigen Gesamtmarkt mit einem neuen CPU-Partner Boden zurückzugewinnen. Mit der Übernahme von Sun durch Oracle habe sich Fujitsu aus dem Sparc-Server-Markt zurückgezogen. Oracle könne die Sparc-Architektur mangels Ressourcen nur noch langsam weiterentwickeln. Zudem positioniere sich Oracle mit Exadata-, Exalogic und weiteren Appliances "als "Complete Stack-Anbieter" von der Hardware über das Betriebssystem, die Middleware bis zur Datenbank und zu Anwendungen. "Diese Positionierung verliert aber ihre Glaubwürdigkeit, wenn Sparc-Solaris-Server nicht weiter angeboten werden und zumindest leidlich wettbewerbsfähig sind", so Schwab.

Marktbeobachter Josh Krischer sagt, solch eine Entwicklung könne selbst IBM nicht wünschen. Wie bei den Mainframes früher, werde solch eine Monopolstellung vom Kunden nicht akzeptiert, er werde sich anderen Hardwarekonzepten zuwenden. Die momentane Stärke von Big Blue werde sich à la longue für den blauen Riesen fatal auswirken.