US-Analysten läuten bereits das Totenglöckchen für Midrange-Betriebssystem:

IBM sind 9000 VSE-User ein Klotz am Bein

05.06.1987

NEW YORK (CWN)-"Die Tage des IBM-Betriebssystems VSE sind gezählt." Dieses Fazit zogen Analysten der kalifornischen Dataquest aus dem jüngsten Vorstoß des Marktführers, die Preise für MVS/ XA-Implementierungen nach Rechnergrößen zu staffeln (CW Nr. 22 vom 29. Mai 1987, Seite 10). Dem Anwender soll diese Politik die Migration von VSE nach MVS/XA erleichtern.

Bei der Präsentation ihrer neuen Mainframe-Modelle aus dem 4381- und 3090-Bereich wollte Big Blue mehr bieten als nur Hardware. Auch bei den Softwarepreisen wurden Korrekturen zugunsten der Betriebs-Software MVS/XA vorgenommen: So gestaltet sich der Low-end-Einstieg in die 3090-Serie über die 3090120E jetzt zwar mit 985 000 Dollar um 665 000 Dollar billiger als beim vormaligen Low-end-Rechner 3090150E. MVS/XA-Benutzer einer 3090-200 dagegen müssen allerdings für die vierjährige Nutzung der Konfiguration etwa 627 000 Dollar bezahlen-34 000 Dollar mehr als bisher. Außerdem würde der Systemausbau gerade bei Software-Niedrigpreisen dann um so aufwendiger, kommentiert ein Sprecher von Dataquest. Gleichermaßen betroffen sei hiervon die jetzt vorgestellte 438123, deren Mips-Kosten sich auf rund 110000 (118000) Dollar belaufen.

Welche Absicht die IBM mit dieser "Strategie der Mips-Bindung" verfolgt, steht für einen Marktbeobachter der International Data Corp. (IDC) aus Framingham, Massachusetts, fest: "VSE-User sollen auf die MVS/XA-Karte setzen." Erhärten läßt sich die Ansicht des IDC-Mitarbeiters seinen eigenen Angaben zufolge mit dem IBM-Announcement von "Solutionspac". Dieses Software- und Service-Paket ist für den Wechsel von der älteren VSE-Version auf MVS/XA konzipiert.

Auf rund einem Drittel aller 27000 IBM-Mainframes, die in den USA installiert sind, laufen nach IDC-Angaben VSE-Betriebssysteme. "VSE-Betreiber, die auch weiterhin bei ihrer Systemsoftware bleiben wollen, laufen Gefahr, irgendwann ohne Betriebssystem dazustehen", konstatiert ein Analyst aus Framingham. Und weiter: "IBM dürfte es mit diesen Kunden auf Dauer nicht leichthaben. Denn bei jeder Systementscheidung muß über die Zukunft von 9000 VSE-Anwendern nachgedacht werden."