Belebung oder K.o. für MAS 90?

IBM sammelt Partner um Framework-Initiative

30.08.1996

IBM tritt im wesentlichen als Sponsor und ausführendes Mitglied der Initiative auf. Zu den Firmen, die nicht nur beratend, sondern auch als Mitglied tätig werden, zählen International Business Systems (IBS) und JBA. IBM-Töchter wie die von Peter Kirn geleitete IBM Anwendungssysteme GmbH treten in der Initiative als eigenständige Mitglieder auf, betonte John Slitz, IBM-Vice-President Application Development und Object Technology Marketing.

Wie Slitz auf der Objectworld in San Jose, Kalifornien, in der vergangenen Woche erläuterte, wurde San Francisco bereits vor zwei Jahren ins Leben gerufen. Allerdings habe man sich erst jetzt entschieden, an die Öffentlichkeit zu gehen, da nun damit begonnen werde, die Frameworks in Java zu schreiben und Produkte in Aussicht gestellt werden könnten. Wann die ersten Applikations- Frameworks zu haben sind, wollte Slitz allerdings nicht konkret sagen.

Die Teilnehmerliste der Initiative schmücken auffällig viele MAS- 90-Mitglieder, darunter die GUS AG & Co., Köln. Da liegt der Verdacht nahe, MAS 90 könne zugunsten von San Francisco sterben. Die IBM beteuert, es sei unmöglich, daß die neue Initiative die ältere ersetze, da die angestrebten Lösungen unterschiedliche Levels einer Applikation ansprächen. Stephen Carter, Manager Application Frameworks aus der IBM-AS/400-Division, führt aus, bei MAS 90 handele es sich um voll funktionsfähige Anwendungen. San Francisco dagegen werde mit seinen Frameworks diesen Grad lediglich zu etwa 40 Prozent erfüllen.

Überschneidungen von MAS 90 und San Francisco Welche funktionalen Überschneidungen es geben wird und welche Teile unter Umständen dadurch austauschbar werden, soll in gesonderten Ankündigungen in der kommenden Woche geklärt werden.

Carter deutete an, daß MAS 90 nicht länger als eine rein deutsche Angelegenheit behandelt werde, vielmehr wolle man diese Initiative auf ganz Europa ausdehnen. Allerdings ist fraglich, wie viele Anwender noch an MAS 90 interessiert sind. Viele wurden ungeduldig und sprangen ab, als die IBM vor zwei Jahren ein objektorientiertes MAS 90 ankündigte und zudem ihren Partnerfirmen in Aussicht stellte, die darunterliegende Taligent-Technologie bald zu Entwicklungszwecken zur Verfügung zu stellen.

Von dem geplanten objektorientierten Betriebssystem Taligent sind im wesentlichen die IBM-Frameworks "Common Point" übriggeblieben. Auf die Frage, ob diese funktionale Überschneidungen mit den San- Francisco-Frameworks haben werden, teilte Slitz mit, es handle sich um unterschiedliche Anwendungslevels. Während Common Point eher Basisdienste bereitstelle, befasse sich die San-Francisco- Intiative mit applikationsspezifischen Lösungen. Carter ergänzt allerdings, man werde Common-Point- Frameworks benutzen und einige neu oder zusätzlich in Java implementieren.

Da die Sun-Sprache bei weitem noch nicht ausgereift ist und auch das hauseigene Entwicklungs-Tool "Visual Age for Java" noch nicht existiert, greifen die IBM-Programmierer auf C und C++ zurück. Performance-kritische Teile sollen auch auf lange Sicht in dieser Sprache formuliert bleiben. Zusätzlich setzen die Entwickler derzeit allerdings fremde Java-Werkzeuge ein: das Symantec-Tool "Cafe" sowie "Rose" von Rational.