9370-Familie macht 36- und 38-Systeme nicht überflüssig, aber:

IBM räumt Zugzwang im Filialrechner-Markt ein

24.10.1986

KÖLN(cmd) - Für Big-Blue-Verhältnisse ungewohnt selbstkritisch gab sich Bernhard Dorn, Stellvertretender Geschäftsführer der IBM Deutschland GmbH und Leiter des Bereichs Markting und Services, bei der offiziellen Vorstellung der 9370-Rechner auf der Orgatechnik in Köln (siehe auch CW Nr. 42, Seite 1).

Vor der Presse räumte Dorn ein, daß der Marktführer auf dem Feld der Filialrechner gegenüber der Konkurrenz, in Zugzwang geraten ist: "Wir hatten diesen Markt etwas aus Augen verloren", so der oberste Marketier wörtlich, "von uns war keine Antwort möglich für die Bedürfnisse unserer Kunden." Man rechne sich jedoch auf diesem "sehr heiß umkämpften Markt" gute Chancen aus mit der neuen Rechnerfamilie, stelle sie doch das "System der 90er Jahre in /370-Architektur" dar.

Die bisher ebenfalls als Abteilungsrechner apostrophierte /36-Familie sowie die /38 sollen künftig von IBM-Seite nur noch als Mittelstandslösung offeriert werden. Kursierenden Gerüchten, wonach mit der 9370 die beiden anderen Systeme obsolet würden, trat Dorn entgegen: "Wir stehen weiterhin dazu."

Dagegen bestätigten Big-Blue-Vertreter am Rande der Pressekonferenz, daß mit Ausnahme der 4381 des "fünften Modells der 9370" alle übrigen 43XX-Rechner mit der Verfügbarkeit der neuen Systeme ausgedient haben.

Weiterhin festhalten will der Marktführer an mehreren, unterschiedlichen Betriebssystemen - ungeachtet der Konkurrenz, die auf ein einziges Betriebssystem setzt. Die IBM-Antwort darauf: "Wenn man diese breite Produktpalette hat, geht es nicht mit einem Betriebssystem." Indirekt gab Dorn allerdings zu, daß auch IBM sich an der Zielsetzung versucht habe, jedoch "mit der Implementierung von MVS/XA auf dem PC gescheitert" sei.

Ausweichend äußerte sich der Marketing-Chef bei seinem Streifzug durch die strategischen Produktlinien der IBM in Richtung 8100; man werde das System mit dem Betriebssystem DPPX - als primäres Softwareprodukt für zentral verwaltete Netze - weiterhin so lange im Vertriebsprogramm halten, bis man mögliche auf /370-Technologie basierende Alternativen für die DPPX-Umgebung untersucht habe. Es sei geplant, dies bis zum ersten Quartal nächsten Jahres abzuschließen.