Raffinierte Nachlaßmethoden des Mainframe-Marktführers

IBM: Preiserhöhungen sollen Rabattmaßnahmen vorbereiten

08.12.1989

MÜNCHEN (CW) - In Zukunft können die Kunden damit rechnen, daß sich die IBM Rabattwünschen gegenüber aufgeschlossener zeigt als bisher. Viel gewinnen werden sie damit allerdings nicht. Denn was Mother Blue nachläßt, hat sie sich durch Preiserhöhungen allemal schon vorher geholt.

Von den höheren Listenpreisen sind alle Kunden betroffen, die Rabatte jedoch bekommen nur einige und auch von denen nicht alle in voller Höhe. Das wirkt wie ein raffinierter Schachzug: Big Blue macht einen guten Schnitt und kann sich dabei noch als kulanter Geschäftspartner präsentieren. Am Ende allerdings könnte der Schuß nach hinten losgehen.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse der amerikanischen Marktbeobachter Dale Kutnick und Marc Butlein in ihrem Meta-View-Newsletter (in Deutschland als ECS-View vertrieben). Die neue Großzügigkeit kündigt sich demnach seit einigen Monaten an - durch Preiserhöhungen (siehe auch CW Nr. 34, Seite 1).

Bis zu Beginn der Achtziger Jahre sah sich die IBM als Quasi-Monopolist kaum genötigt, Rabatte auf ihre Listenpreise zu geben. Das änderte sich erst, als unabhängige Hersteller kompatibler Rechner (PCMS) - allen voran IBMs ehemaliger Chefentwickler Amdahl - für etwas mehr Wettbewerb sorgten.

Geändert wurde daraufhin erst einmal die Preisgestaltung. Zwischen 1980 und 1985, so Kutnick und Butlein, als Big Blue Rabatte von gerade eben 5 bis 15 Prozent gewährte bewegten sich ihre Mainframe-Preise auf einer 83-Prozent-Kurve. Das heißt, jedes Jahr sanken die Preise für die älteren Modelle um 17 Prozent.

Von 1985 bis 1989 wechselte der Marktführer auf eine 92Prozent-Kurve. Gegenüber dem bisherigen Vorgehen bedeutete das eine jährliche Preisanhebung um etwa zehn Prozent. Gleichzeitig erhielten Großkunden bedeutend höhere Rabatte auf die 3090. Mit Nachlässen zwischen zehn und 34 Prozent kamen sie so auf annähernd die Preise, die ohnehin zu bezahlen gewesen wären, wenn IBM die alte Preiskurve beibehalten hätte. Dieser Trick erlaubte es den Armonkern, sich jedes Jahr höhere Rabatte "abringen" zu lassen, ohne etwas zu verlieren. Im Gegenteil, sie verdienten recht kräftig dabei.

Ähnliches, vermuten die beiden US-Beobachter, bahnt sich nun bei der Software an. Nach den massiven Preiserhöhungen im Sommer um bis zu 120 Prozent erwarten sie für 1990, "daß IBM anfänglich ihren besten Kunden Rabatte von 20 bis 30 Prozent anbieten wird" - wobei sie damit rechnen, daß die Listenpreise mit der Ankündigung neuer Releases nochmals nach oben gehen werden.

Langfristig gesehen könnte IBM mit dieser cleveren Strategie am eigenen Ast sägen. Vor allem kleine und mittlere Anwender, die nur wenig in den Genuß der Rabatte kommen werden, dürften sich vermehrt nach billigeren Alternativen umsehen. Für den Augenblick, meinen Kutnick und Butler, mag Big Blue damit seine Gewinne steigern, auf lange Sicht jedoch wird sie die PCM-Konkurrenz stärken und gleichzeitig das Wachstum alternativer (nicht Mainframe-)Lösungen vorantreiben".