Armonker noch uneinig über OS2-Schicksal

IBM-Plan: PC-Division als getrennter Bereich

31.07.1992

WHITE PLAINS (IDG) - Überlegungen der IBM-Führungsriege, aus der Personal Systems Division (PSD) unter James Cannavino ein eigenständiges Tochterunternehmen zu machen, scheinen jetzt zu konkreten Ergebnissen zu führen. Offiziell angekündigt werden soll das "Spin-off" Anfang bis Mitte September dieses Jahres, hieß es aus unternehmensnahen Quellen.

Die "Computerworld" berichtet unter Hinweis auf diese Quellen weiter, daß die Entscheidung über die Übernahme der OS/2-Entwicklung durch das neue Unternehmen noch ausstehe.

Die Zuordnung zur Cannavino-Truppe hänge davon ab, ob die Tochter trotz der Absorption der hohen Entwicklungskosten für das 32-Bit-Betriebssystem noch profitabel arbeiten könne.

Als vollständig eigenständiges Tochterunternehmen unter Führung ihres bisherigen Chefs James Cannavino wäre die jetzige Line of business (LOB) in der Lage, den kooperativen Wasserkopf der [BM loszuwerden und hätte eine bessere Kontrolle über ihre Marketing-, Vertriebs- und Distributions-Aktivitäten, die heute noch unter der Fuchtel der Corporation stehen.

Allerdings wird die Frage, ob der Vertrieb voll in die Verantwortung der einzelnen LOBs fallen soll, zur Zeit unter IBM-Insidern n und Beobachtern heiß diskutiert.

In einem Bericht des amerikanischen Wirtschaftsmagazins "Fortune" wird die Lösung dieses Problems gar zur Überlebensfrage für die umstrukturierte IBM gemacht.

"Wie können die einzelnen Geschäftsbereiche von ihrer Selbständigkeit profitieren und dabei gegenüber dem Kunden ein einheitliches Profil behalten?"

Zur Zeit verfolgten die Armonker die Strategie einer weltweit einheitlichen Vertriebsorganisation, die nach Regionen unterteilt sei. Das Magazin zitiert den Börsen-Analysten Stephen Cohen als Verfechter einer einheitlichen Sales-Organisation: "Wenn sie die Vertriebsorganisation zerschlagen und die LOBs das in eigener Regie machen, dann riskieren sie Verwirrung beim Kunden und laden ihre Konkurrenten zum Absahnen ein."

Die Armonker haben schon einmal versucht, ihre Verkäufer nicht regional, sondern produktorientiert zu organisieren. Ergebnis: Die Kunden waren völlig entnervt, weil drei verschiedenen VBs - jeweils einer für Large und Small-Systems sowie für Office-Produkte - anriefen.

Die PSD wird auch gegen Clone-Anbieter antreten

Frank Dzubeck, Berater bei der Communications Network Architects Inc., Washington, betonte gegenüber der Computerworld hingegen die positiven Aspekte der Personal-Systems-Auslagerung, wies aber auch auf die Gefahren hin: " Sie werden ihre eigene Bürokratie aufbauen, deshalb sollten sie ihre Kostenstruktur im Auge behalten damit die Dinge nicht aus dem Ruder laufen." "Letztendlich müssen sie gegen die Clone-Anbieter antreten", erklärte der IBM-erfahrene Steven Fisher, President von Canaan Analytics Inc. "Aber dazu müssen sie ihren gesamten Overhead loswerden."

Obwohl noch keine Details bekannt sind, gehen die meisten Beobachter davon aus, daß sich die noch namenlose Tochter in mehrere operative Einheiten aufteilt: Eine davon werde Highend-Systeme über Händler vertreiben. Eine Low-end-Gruppe werde zu dem ihre Produkte über die Kanäle für Massenware wie den Mail-order-Versand und Megastores verteilen.

Damit würde sie allerdings einer bereits gegründeten europäischen IBM-Tochter, der Clone-Anbieterin Individual Computer Products International Ltd.(ICPI), vehement Konkurrenz machen.