Zutritt nur für Vertragspartner des Marktgiganten

IBM-nahe Softwarehäuser gründen Interessenverein

29.09.1989

MÜHLHEIM (CW) - Deutsche IBM-Vertragspartner aus dem Softwaregeschäft haben einen Verein gegründet - nicht zuletzt um ihre Interessen gegenüber ihrer Lebensversicherung, dem blauen Riesen, zu vertreten. Branchenkollegen halten dies nicht nur für "wenig zweckmäßig", sondern bezweifeln auch die überlebensfähigkeit eines solchen Verbandes.

Die Vereinigung der Berater für EDV System- und Softwareorganisation (BSSO) in Mühlheim will kleinen IBM-Vertriebspartnern, die bei Big Blue keine eigene Lobby besitzen, dabei helfen, ihr Image aufzupolieren. Der Verein wurde aus einer Zwangslage heraus ins Leben gerufen: Häufig habe es Abstimmungsschwierigkeiten einzelner Softwarehäuser mit der IBM und auch untereinander gegeben, so Inge Busch, stellvertretende Geschäftsführerin der Print Software Busch GmbH in Frankfurt.

Sie bemängelt, daß Angelegenheiten oft "doppelt und dreifach gehandelt" worden seien. Das habe zu zeitlichen Verzögerungen und zu organisatorischen Mißständen geführt. "Schwierigkeiten mit der IBM", so Busch, "tauchten zum Beispiel bei den Abrechnungsmodalitäten oder im Verkaufsbereich auf."

So haben sich in der BSSO etwa 15 kleinere IBM-Vertragspartner mit weniger als 60 Mitarbeitern organisiert, um von dem Branchenriesen als Vertriebspartner besser akzeptiert zu werden. Allerdings betont Busch, daß es dem Verein nicht darum gehen könne, Privatkonflikte einzelner Firmen mit der IBM auszutragen - schließlich verfüge die BSSO nicht einmal über eine eigene Rechtsabteilung.

Karl Emrich, Geschäftsführer der Gordem GmbH & Co. in Mühlheim und Vorstandsmitglied der BSSO, möchte in seinem Verein gleichgesinnte Softwarehäuser "poolen" und damit ihre wirtschaftliche Handlungsfähigkeit auch für die Zukunft garantieren.

Wie Busch sieht auch Emrich in der Lösung von Konflikten zwischen Vereinsmitgliedern und der IBM eine der Hauptaufgaben des Vereins.

Kollegen aus der Softwarebranche stehen dieser Vereinsgründung kritisch gegenüber. So fürchtet Gerhard Mindhoff, Geschäftsführer der Mindhoff Beratung GmbH in Köln: "Eine derartige Vereinsgründung trägt zu einer allgemeinen Zersplitterung auf dem deutschen Software-Markt bei." Wie viele andere Software-Unternehmer gehört auch Mindhoff der Fachgruppe Informationstechnik des Bundes-Deutscher Unternehmesberater (BDU) an. Seiner Ansicht nach ist es für die ganze Branche von Vorteil, wenn sie sich - unabhängig von den jeweiligen Vertragspartnerschaften - auf die Organisation in einem einheitlichen Verband einigt.

Mindhoff reichen die Vertragspartner-Besprechungen als Podium für Meinungsäußerungen und Interessensvertretungen vollkommen aus. Für generell fragwürdig hält einen solchen "Verein von Konkurrenten" Alexander von Stülpnagel, Geschäftsstellenleiter der Manager Software Products GmbH in München. Nach seiner Einschätzung handelt es sich bei den Vereinsmitgliedern um kleinere Softwarehäuser, die sich "an einen Strohhalm klammern". Insgesamt sei eine Konzentration in der Branche festzustellen, der die BSSO-Mitglieder offenbar durch die Vereinsbildung entgegen wirken wollten.

Sülpnagel zweifelt daran, daß die Mitglieder eine gemeinsame Linie finden werden: Wir haben immer wieder das Problem am Markt, daß bei Kooperationen jeder gewinnen will." Er könne sich jedoch vorstellen, daß es für viele Softwarehäuser ein geringeres Übel bedeute, "mit anderen Mitbewerbern im selben Boot zu sitzen, als überhaupt nicht zum Zuge zu kommen".