Gates sieht Lite-Variante lediglich als Upgrade

IBM: Mit Mini-OS/2 gegen Windows 3.0

09.11.1990

MENLO PARK/CHIKAGO (IDG) - Mit der neuesten, weniger speicherintensiven Version von OS/2 will Big Blue seinem favorisierten Betriebssystem endlich zum Durchbruch bei Großunternehmen verhelfen. Analysten bleiben jedoch skeptisch.

OS/2 Standard Edition 1.3 benötigt laut IBM lediglich 2 MB Arbeitsspeicher und wurde uni Charakteristika wie den Adobe Type Manager (ATM) und PL 2/REXX erweitert. Mit dem ATM lassen sich Adobes Postscript-Fonts frei skalieren, außerdem werden sie auf dem Monitor genauso dargestellt wie beim Ausdruck.

Darüber hinaus enthält Version 1.3 eine offene Font-Schnittstelle, so daß der Anwender zwischen verschiedenen Font-Technologien wählen kann. Big Blue hatte sich im Frühjahr für Adobe entschieden, obwohl auch "Royal Font"-Format zur Diskussion gestanden hatte.

Mit der abgespeckten OS/2. Version besteht nunmehr die Möglichkeit, gleichzeitig eine DOS- und zwei OS/2-Anwendungen zu starten. Eine neue Installations-Hilfssoftware erleichtert den Zugriff auf die Festplatten und sorgt für eine bessere Nutzung deren Kapazität.

Verbessert hat die IBM auch das Angebot an verschiedenen Gerätetreibern: Der Anwender kann nun die IBM-Laserprinter, Hewlett-Packards Laserjet-Familie sowie Epson- und Postscriptfähige Drucker über OS/2 ansprechen. Mit der "Print Manager"-Software hat Big Blue die Installation dieser Drucker und der zugehörigen Treiber erleichtert, außerdem gestaltet sich über die Schnittstelle zu einem neuen "Print Spooler" das Ausdrucken im Netz einfacher.

William H. Gates III reagierte auf den Windows-3.0-Konkurrenten gelassen. Für ihn stellt die Lite-Version lediglich ein weniger bedeutendes Upgrade bisheriger OS/2-Versionen dar, das man allerdings trotzdem empfehlen würde.

Vor etwa 1000 PC-Managern in Chikago meinte Gates, er konzentriere sich mehr auf die Zukunftspläne der am Markt sehr gut aufgenommenen DOS-Oberfläche Windows 3.0. Windows 4.0 sei zwar noch einige Jahre entfernt, nichtsdestotrotz werde Microsoft an Verbesserungen arbeiten. So denke man intensiv darüber nach, Optionen für deskriptive Dateinamen zu entwickeln. Dies käme dem High Performance File System von OS/2 nahe. Unter anderem ermöglicht dieses, Dateien mit Namen zu versehen, die mehr als die üblichen acht Zeichenkombinationen lang sind. Microsoft-Manager Pat Bellamuh wies im Zusammenhang mit dem in der Vergangenheit - vieldiskutierten HPFS-Charakteristikum von OS/2 darauf hin, daß die Version 1.3 diese Eigenschaft nicht unterstützen würde.

Big Blue präsentierte neben der Mini-OS/2-Version auch die Extended Edition 1.3 und den LAN Server 1.3 sowie Erweiterungen ihrer Multimedia-Anwendung und der AVC-Software (Audio Visual Connection). Mit dem Communications Manager der Extended Edition ist es nun, möglich, Anfragen über das Asynchronous Communications Device Interface auf ein Netzwerk umzuleiten und so beispielsweise im Verbund arbeitenden Workstations den Zugang zu einem Modemserver zu gestatten.

Außerdem sei mit der Extended Edition und der LAN-Server-Version eine erweiterte Ethernet-Unterstützung sowohl für DOS- als auch OS/2-Workstations gewährleistet. Mit dem LAN Server hat der Anwender darüber hinaus jetzt ein DOS-LAN-Requester, der auch Windows 3.0 unterstützt.

OS/2 Standard Edition 1.3 soll etwa 340, die Extended Edition etwa 830 Dollar kosten und bis Ende 1990 verfügbar sein. Die ab März 1991 erhältliche LAN-Server-1.3-Version kostet zirka 1040 Dollar, alle Anwender vorheriger 1.1- oder 1.2-Versionen erhalten die Upgrades kostenfrei innerhalb eines Zeitraumes von 120 Tagen nach der Freigabe der neuen Versionen.