IBM mit Kampfpreisen

09.07.1976

Das bekannte Leistungsloch zwischen der 370/145 und der 370/158, auf das sich die Konkurrenz - jüngst auch UNIVAC mit der Ankündigung der 90/80 - bereits eingeschossen hatte, wurde nunmehr von der IBM mit der Ankündigung der 370/148 gestopft. Das war längst erwartet worden. Überraschend ist die sensationelle Verbesserung des Preis-/Leistungs-Verhältnisses. Der Anwender erhält bei etwa gleichbleibender Miete nunmehr doppelt so viel Hauptspeicher auf einer Anlage mit einer 30 bis 40 Prozent schnelleren internen Arbeitsgeschwindigkeit. Das gilt sowohl für die 148 wie für die 138 im Vergleich zu den Fünfer-Modellen.

Die Verbilligung der Hauptspeicher wird nunmehr ermöglichen, auch auf Mittelklasse-Systemen aufwendige Software wie MVS, TSO, CICS oder gar IMS zu fahren. IBM's offenkundiges Ziel: aus jedem Mittelklasse-Rechner einen Großrechner zu machen. 1 MB wird auch bei heutigen 135- und 145-Anwendern das Übliche sein. Bezeichnenderweise wird die 138 nur mit 0,5 MB und 1 MB und die 148 nur mit 1 MB und 2 MB Hauptspeicher angeboten. Vorbei die Zeiten, da man mit 64 K-Blöcken stückelte und sich mit BTAM/Gena quälen mußte. Daß vor allem durch erheblich mehr Mikroprogrammspeicher die Verarbeitungsgeschwindigkeit der 138 und 148 im Vergleich zu den Vorläufer-Modellen um bis zu 40 Prozent verbessert werden konnte, schafft nun auch Möglichkeiten, bei Online-Anlagen ein vertretbares Antwortzeit-Verhalten sicherzustellen. V = R wird wieder möglich. Das alles zum alten Preis. Die Anwender von 135- und 145-Systemen können sich freuen.

Alles sieht plötzlich anders aus

Aber nicht nur sie sind betroffen. Die Konkurrenz wird selbstverständlich die De-facto-Preissenkung nachvollziehen müssen - mit möglicherweise verheerenden Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung. Wie sonst werden sie, die Universalrechner bisher immer so 15 bis 20% billiger als IBM anboten, gegenüber der faktischen Preis-Halbierung bestehen können. Heulen und Zähneklappern wäre angebracht. Man wird der IBM Verdrängungs-Wettbewerb über den Preis vorwerfen - sehr zu Unrecht, wenn man den Marktführer zuvor beschuldigt hat, daß er zu hohe Gewinne mache.

Die DV-Landschaft ist also nicht mehr die alte. Das gesamte Preisgefüge ist in Bewegung geraten, denn auch die bisherigen Modelle der 370-Serie sind - bei den Kaufpreisen - verbilligt worden. IBM möchte zum Kauf animieren. Denn wohl für 1980 ist die nächste Generation geplant, die dann die technischen Neuerungen bringen wird, die man bei den neuen Modellen 138 und 148 vermißt.

Downgrade statt Upgrade?

Die knapp 500 Anwender von 145-Systemen werden sich zu fragen haben, ob sie IBM's Wachstumspfad folgen wollen oder ob nicht jetzt - endlich - die Chance gekommen ist, die Hardware-Budgets ganz erheblich zu senken. Denn eine 1 MB-Maschine 138 ist ja auch eine interessante Alternative zum jetzigen 145-System. Und vielleicht tut es nunmehr auch eine 2 MB-148, wo heute noch eines der rund 200 Systeme 155 oder 158 steht. Wer betroffen ist, sollte zum spitzen Bleistift greifen, um durchzurechnen, was so zu sparen ist. Man wird kein schlechterer EDV-Chef, wenn man sich für die kleinere Maschine entscheidet.