Web

IBM-Manager Norris belastet Microsoft schwer

08.06.1999
Antitrust-Prozeß

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Im Kartellverfahren, den das US-Justizministerium zusammen mit 19 Bundesstaaten gegen Microsoft führt, machte gestern IBM-Manager Garry Norris seine erwartet schwerwiegende Aussage. Norris war Mitte der 90er Jahre auf Seiten von Big Blue Verhandlungsführer in den Windows-Lizenzierungsgesprächen mit der Gates-Company. Er beschuldigte Microsoft der Erpressung: Die Gates-Company habe gedroht, die IBM nicht länger mit Windows zu beliefern, wenn der Konzern nicht auf das Bundling von Konkurrenzprodukten (unter anderem der "Smartsuite" von Lotus) verzichte. Weil IBM dazu nicht bereit war, habe Microsoft die Lizenzgebühren für Windows 95 drastisch - von neun auf 75 Dollar - angehoben und erst eine Viertelstunde (!) vor dem offiziellen Launch des Desktop-Betriebssystems auch Big Blue eine Lizenz erteilt. Dadurch sei ein wirtschaftlicher Schaden in Millionenhöhe entstanden. Microsoft hält die Vorwürfe für haltlos und will Norris´

Aussage im Kreuzverhör widerlegen.

Auf einem von Microsofts juristischen Nebenkriegsschauplätzen, dem vergleichsweise kleinen Kartellverfahren gegen Bristol Technology, wurde gestern eine mehr als dreistündige Aussage eines ausgesprochen entspannten und gut gelaunten Bill Gates als Video eingespielt, der alle in dem Verfahren erhobenen Vorwürfe von sich wies. Bristol produziert unter anderem die Middleware "Wind/U", die Programmierern Cross-Platform-Entwicklung für Windows und Unix erleichtern soll. Das kleine Softwarehaus (acht Millionen Dollar Jahresumsatz) beschuldigt den Softwareriesen (14,5 Milliarden Dollar Jahresumsatz) nun, sich zunächst mit Hilfe von Bristol-Technik Zugang zu neuen Märkten verschafft und anschließend dem Hersteller "den Hahn zugedreht" zu haben. Microsoft bezeichnet die Vorwürfe als lächerlich und ist der Ansicht, Bristol wolle sich lediglich per Gerichtsöffentlichkeit günstigere Lizenzbedingungen

für den Zugriff auf neuen Microsoft-Quellcode sichern.