Mikrokanal, Motif, Netview und Nextstep für IBM-Workstation:

IBM kündigt Radikalkur für den RT an

12.05.1989

FRAMINGHAM (IDG) - Mit einem neuen Bus, zwei neuen gräfischen User-Interfaces, einem zusätzlichen Betriebssystem und der Unterstützung von Netview will IBM bis zum Jahresende die bisher eher wenig beachtete Serie der RT-Workstations attraktiver machen. US-Branchenkenner vermuten, daß Big Blue mit diesem Schritt besonders größere kommerzielle Anwender für den RT gewinnen will.

Bisher mangelte es an genügend Software für die Risc-Workstation RT, außerdem war die Architektur viel zu geschlossen, als daß das Gerät hätte ein Verkaufserfolg werden können. Nach Angaben des Assistant General Managers of IBM's Personal Systems Advanced Workstation Division, William J. Filip, hat Big Blue bisher weniger als 20 000 RTs verkauft und damit nur zwei bis drei Prozent des Marktes erobert. Im Vergleich dazu hat das wesentlich kleinere Unternehmen Sun Microsystems rund 127 000 Systeme installiert.

Wichtigste Neuerung bei den RTs wird die Benutzerfürung OSF/Motif sein, eine grafische Oberfläche, die ähnlich wie der Presentation Manager für OS/2 konzipiert ist. So wie die OS/2-Rechner werden auch die RT-Systeme in Zukunft mit dem Mikrokanal-Bus 2 ausgestattet werden. Die kleineren RT-Rechner werden ein PS/2-ähnliches Gehäuse haben. Zusätzlich zu OSF/Motif will Big Blue auch noch Nextstep, das grafische Benutzerinterface des Next-Computers, für den RT anbieten. Damit nicht genug: Auch das Next-ähnliche Betriebssystem Mach sollen RT-Anwender als Alternative zum Proprietary-RT-System nutzen können. Mach, ein auf grafische Benutzerführung zugeschnittenes Unix-Derivat, wurde an der Carnegie-Mellon-Universität in Pittsburgh entwickelt.

Unsere US-Schwesterzeitschrift Computerworld konnte aus IBM-nahen Kreisen darüber hinaus erfahren, daß die neuen RTs eine Performance von rund sieben Megaflops und 18 bis 19 MIPS erreichen werden; der Durchschnittspreis pro MIPS wird bei rund 800 Dollar liegen. Die US-Verkaufspreise werden je nach Konfiguration zwischen 12 000 und 25 000 Dollar liegen. Nach Ansicht von Analysten will Big Blue dem RT zu einer stärkeren Präsenz innerhalb der IBM-Rechnerfamilien verhelfen. Dafür sprechen unter anderem die Öffnung in Richtung Standards wie OSF/Motif und Mikrokanal. Außerdem wird auf dem RT IBMs Netzwerkverwaltung Netview laufen, wodurch der Rechner auch als Netzwerk-Server eingesetzt werden kann.