Skalierbarkeit allein reicht nicht

IBM kritisiert Microsofts Enterprise-Visionen

13.06.1997

Die Alarmglocken bei IBM schrillen. Nach der im Windows-OS/2-Duell verlorenen Schlacht am Front-end hatte sich Big Blue schweren Herzens auch damit abgefunden, NT auf Abteilungsebene zu akzeptieren. Nun attackiert Microsoft die eigentliche Domäne der Armonker: die transaktionsorientierte IT in Großunternehmen. Die jüngste Aktion in diese Richtung war eine New Yorker Großveranstaltung Ende Mai (Scalability Day), auf der Microsoft mit Hilfe von Compaq beispielsweise die Verwaltung von einer Milliarde Transaktionen auf 16 NT-Servern vorführte.

Nun reagierte IBM in einer ungewohnt direkten Stellungnahme auf die von Microsoft vorgeführten Benchmarks. Transaktionsraten dieser Größenordnung seien auf gekoppelten Unix-Systemen schon erreichbar, so der Erzrivale.

Mit der New Yorker Demonstration werde von den eigentlichen Problemen rund um NT abgelenkt. Microsoft blende mit der Zahl der verarbeiteten Transaktionen die Öffentlichkeit - diese Summe spiele im komplexen Geschäftsalltag der Unternehmen nur eine untergeordnete Rolle. Die mit Enterprise-Versionen der Back-Office-Suite adressierte Groß-DV erwarte mehr als einfache Schreib- und Lesezugriffe. Echte Skalierbarkeit beinhalte die Verwaltung der Arbeitslast von Zehntausenden von kritischen Systemen. Die darin eingebundenen Applikationen erforderten maximale Antwortzeiten von zwei Sekunden.

Viele Großkunden, so die Erfahrung bei IBM, bevorzugen heute Server, auf denen sich mehrere Anwendungen gleichzeitig ohne Performance-Einbußen betreiben lassen - und das bei einer Verfügbarkeit von nahezu 100 Prozent. Ein derartiger Server sei kostengünstiger und einfacher zu verwalten als ein Verbund von kleinen NT-Rechnern, auf denen jeweils nur eine Anwendung läuft. Hinzu kommt, so IBMs Prognose, daß mit der Internet-Ära die Zahl der zu verarbeitenden Transaktionen deutlich steigen werde, während gleichzeitig die Berechenbarkeit der Arbeitslast abnehme.

Ein NT-Manko sei auch die fehlende Stabilität bei hoher Belastung. Um die damit verbundenen Fehlerquellen kontrollieren zu können, benötige man robuste Werkzeuge für das komplexe Load-Handling, die NT nicht besitze. Bis heute sei die Demonstration eines zweiknotigen Clusters alles, was Microsoft im Bereich Fehlertoleranz zu bieten habe.

Notgedrungen versöhnlich, aber abgrenzend erklärt IBM NT zu einer wichtigen Plattform, die mit entsprechender Middleware auch für Aufgaben des Enterprise Computing eingesetzt werden könne - zumindest in kleineren bis mittelgroßen Installationen. Die Anforderungen einer transaktionsorientierten Datenverarbeitung könnten die Microsoft-Produkte jedoch nicht erfüllen.