Outsourcing-Deal über eine Milliarde Euro

IBM konsolidiert die IT-Landschaft von Axa

07.03.2003
MÜNCHEN (CW) - Nach mehreren Milliarden-Dollar-Coups innerhalb weniger Monate ist IBMs Dienstleistungssparte Global Services (GS) erneut ein großer Fisch ins Outsourcing-Netz gegangen: Für die nächsten sechs Jahre wird sich der IT-Service-Provider der Hardwareinfrastruktur des französischen Versicherungs- und Finanzdienstleisters Axa Group annehmen.

Im Rahmen des auf sechs Jahre ausgelegten IT-Services-Vertrags mit einem Volumen von rund einer Milliarde Euro wird IBM GS den Pariser Versicherungsriesen zunächst bei der Konsolidierung seiner Server, Großrechner und Speichersysteme unterstützen. So ist nach einem Bericht des "Wall Street Journal" beispielsweise die Konsolidierung von 4500 bestehenden Axa-Servern auf 900 größere Systeme geplant.

In einem weiteren Schritt soll die IT-Infrastruktur des international agierenden Finanzdienstleisters in eine Betriebsumgebung auf Basis von IBMs "On-Demand"-Services umgewandelt werden und es Axa ermöglichen, nur in Anspruch genommene Rechenleistung und Storage-Kapazität zu bezahlen.

"Die On-Demand-Vereinbarung gibt uns die notwendige Flexibilität für eine schnelle Anpassung an sich verändernde Geschäftsanforderungen. Damit sind wir für den zunehmenden Wettbewerb im Markt gerüstet", kommentiert Claude Brunet, Group Executive bei Axa Group, den Deal mit IBM.

Von dem Abkommen verspricht sich der rund 140000 Mitarbeiter starke Versicherungskonzern Einsparungen in einer Gesamthöhe von mehreren hundert Millionen Dollar.

Kein Outsourcing-Abkommen im üblichen Sinn

In zwei wesentlichen Punkten unterscheidet sich der Pakt zwischen IBM und Axa von bisherigen Outsourcing-Abkommen: Entgegen den üblichen Gepflogenheiten gehen die IT-Systeme des Mammut-Versicherers nicht an IBM. Auch die für den Betrieb der Rechenanlagen zuständigen IT-Experten verbleiben unter der Obhut ihres bisherigen Arbeitgebers und werden nicht zu Big Blue migrieren. Als Beweggründe führt Frank Kern, General Manager von IBM Global Services in Paris, die ansonsten anstehenden, häufig langwierigen Betriebsratsverhandlungen an.

Auch für externe Marktkenner liegt dies nahe. "Anscheinend erwarten sie von den Gewerkschaften einen so großen Stress, dass sie einen Mitarbeiterwechsel gar nicht erst probieren", vermutet etwa Andreas Zilch vom Kasseler Marktforschungsunternehmen Techconsult. Seiner Ansicht nach dürfte IBM Global Services diesbezüglich auch mit seinem frisch gebackenen Outsourcing-Kunden Deutsche Bank "noch viel Spaß haben".

IBM GS wird dem französischen Konzern im Rahmen des Deals - nach eigenen Angaben weniger als Outsourcing-, sondern vielmehr als On-Demand-Dienstleister - bei der Optimierung seiner IT-Infrastruktur mit technischem Know-how und Schulungen zur Seite stehen und die Voraussetzungen für einen Wechsel vom derzeitigen Fixkostenmodell auf variable Kostenstrukturen schaffen. Dabei sollen benötigte Leistungen auf Abruf zur Verfügung gestellt werden können. Über die Inhalte dieser künftigen On-Demand-Dienstleistungen schweigt sich Big Blue derzeit noch aus.

Für amerikanische IT-Dienstleister galt der französische Markt bislang als harte Nuß - nicht zuletzt aufgrund der starken lokalen Gewerkschaften, die sich vehement gegen umfangreichere Transfers einheimischer Mitarbeiter an ausländische Firmen ausgesprochen haben. Nach Ansicht von Experten könnte der aktuelle, sowohl an Outsourcing als auch an On-Demand orientierte Zwittervertrag zwischen IBM und Axa, der vom Verkauf der Assets absieht und somit IT-Arbeitsplätze in gewisser Weise sichert, jedoch das Interesse der bislang widerspenstigen Franzosen an ähnlich gelagerten Verträgen entfachen.

Grundsätzlich scheint sich Big Blue im aktuellen Outsourcing-Fieber keine Verschnaufpause zu gönnen: Nachdem das Unternehmen im Dezember 2002 einen 2,5-Milliarden-Dollar-Deal mit der Deutschen Bank in trockene Tücher gebracht hatte, gelang es dem Dienstleister zu Beginn des Jahres, einen Outsourcing-Auftrag mit JP Morgan Chase & Co. über fünf Milliarden Dollar an Land zu ziehen. Vor einigen Wochen wiederum konnten die Armonker den Automobilzulieferer Visteon (siehe CW 8/03, Seite 6) für einen Zwei-Milliarden-Dollar-Deal - teilweise ebenfalls nach dem On-Demand-Prinzip - gewinnen. (kf)

Abb: Outsourcing-Markt in Westeuropa

Das Outsourcing-Volumen von 45 Milliarden Euro im Jahr 2002 steigert allein der Deal zwischen IBM und Axa um eine Milliarde Euro. Quelle: PAC